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Die Prävalenzstudien für das deutsche und niederländische Gesundheitsministerium
In ihrem Urteil stellten die Richter fest, dass es keineswegs sicher ist dass ein Cannabisverbot der geeignetste Weg ist. Sie verpflichteten den Gesetzgeber, die Auswirkungen der Strafverfolgungen und Erfahrungen aus dem Ausland zu beobachten und eventuell ein erfolgreicheres, liberales Modell aus dem Ausland zu übernehmen. Angesichts der dargestellten offenen kriminalpolitischen und wissenschaftlichen Diskussion über die vom Cannabiskonsum ausgehenden Gefahren und den richtigen Weg ihrer Bekämpfung (...) hat der Gesetzgeber die Auswirkungen des geltenden Rechts unter Einschluß der Erfahrungen des Auslandes zu beobachten und zu überprüfen (...). Dabei wird er insbesondere einzuschätzen haben, ob und inwieweit die Freigabe von Cannabis zu einer Trennung der Drogenmärkte führen und damit zur Eindämmung des Betäubungsmittelkonsums insgesamt beitragen kann oder ob umgekehrt nur die strafbewehrte Gegenwehr gegen den Drogenmarkt insgesamt und die sie bestimmende organisierte Kriminalität hinreichenden Erfolg verspricht. Inzwischen liegen wissenschaftlich ermittelte Vergleichsdaten aus dem In- und Ausland vor. Laut einer im Januar 1999 veröffentlichten Studie für das niederländische Gesundheitsministerium konsumierten im Jahre 1997 in den Niederlanden 2,5 Prozent der Bevölkerung im Monat vor der Untersuchung Cannabis. In Deutschland betrug der entsprechende Anteil nach einer im Dezember 1998 veröffentlichten Studie für das Bundesgesundheitsministeriums im selben Jahr 2,8 Prozent. Berücksichtigt man im Vergleich nur die alten Bundesländer dann kommt man sogar auf einen Anteil von 3,0 Prozent.
Damit ist sowohl in Westdeutschland als auch in Gesamtdeutschland der regelmässige Konsum von Cannabis weiter verbreitet als in den Niederlanden, wo die Polizei schon seit 25 Jahren beim Besitz oder Verkauf geringer Mengen Cannabis nicht mehr einschreitet. Sogar wenn man annimmt dass von Cannabis eine ernsthafte Gefährdung der öffentlich Gesundheit ausgehe, kann angesichts der wissenschaftlich ermittelten Konsummuster von einer präventiven Wirkung der Strafverfolgung in Deutschland nicht die Rede sein. Laut dem Bundesverfassungsgerichtsurteil ist ein Cannabisverbot nur zulässig "wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können."
Cannabiskonsum bei Erwachsenen (18-59 Jahre)
Definition "häufiger Konsum": Konsum an 20 oder mehr der letzten 30 Tage.
Die Zahlen des Bundeskriminalamts
Der Rauschgiftjahresbericht 1999 ist die aktuellste Version eines Berichts der alljährlich vom Bundeskriminalamt Wiesbaden herausgegeben wird. Er gibt einen unvollständigen Ausblick auf die tatsächliche Entwicklung des Cannabiskonsums und die Kosten für das Rechtssystem die der Gesellschaft dadurch entstehen. Die Zahlen lassen darauf schliessen dass Strafverfolgung kein geeignetes Mittel ist, den Umfang des Cannabiskonsums zu kontrollieren.
Der Bericht ist hier komplett online erhältlich: Ein wesentlicher Aspekt beim Cannabisverbot ist die Frage des Jugendschutzes. Der Gesetzgeber ging 1971 davon aus, dass ein komplettes Verbot auch zum Schutz der Jugend erforderlich sei. Tatsächlich zeigt sich aber, dass das Verbot ungeeignet ist, den Zugang von Jugendlichen zu illegalen Drogen zu verhindern weil es in dem durch das Verbot erzeugten Schwarzmarkt keinerlei Alterskontrollen gibt. Obwohl sich die Gesamtzahl der Cannabisdelikte in nur 6 Jahren verdoppelt hat, steigt die Anzahl minderjähriger Tatverdächtiger noch schneller, so dass sich ihr Anteil an der Statistik von Jahr zu Jahr vergrössert:
Tatverdächtige bei allgemeinen Verstössen:
http://www.bka.de/lageberichte/rg/1999/rg_3_1_3.html Die Anzahl der Ermittlungsfälle wegen Cannabis steigt seit Jahren an. Das Verbot führt damit zu einer beträchtlichen Belastung der Ermittlungsbehörden und damit auch der Steuerzahler. Das Gesetz führt im Lauf der Ermittlungsverfahren und Strafprozesse zu massiven Eingriffen in die Grundrechte einer grossen Anzahl von Menschen:
Cannabisfälle
*) Wegen der Änderung des statistischen Bereichs sind die Daten seit 1991 mit denen der Vorjahre nur bedingt vergleichbar. Die Zahlen fuer 1991 beeinhalten die Delikte der alten Länder einschliesslich Gesamt-Berlin; in den Zahlen ab 1992 sind die registrierten Delikte aller Länder enthalten.
Quellen: BKA (Rauschgiftjahresbericht 1999, Polizeiliche Kriminalstatistik 2000), Institut für Therapieforschung
§31a ermöglicht die straffreie Einstellung von Ermittlungsverfahren wenn die Schuld des Täters gering ist und kein öffentliches Interesse an einer Bestrafung besteht. Das Bundesverfassungsgericht schrieb 1994 eine "im wesentlichen einheitliche Rechtspraxis" bei der Einstellung vor. Die Realität sieht jedoch anders aus:
Quellen: Rechtstatsächliche Untersuchung der Kriminologischen Zentralstelle "Rechtsgleichheit und Rechtswirklichkeit bei der Strafverfolgung von Drogenkonsumenten" (Bundesministerium für Gesundheit, 1997)
Cannabismengen Tabelle 14: BtM-Sicherstellungen in der Bundesrepublik Deutschland - Zeitreihe (FDR)
*) Wegen der Änderung des statistischen Bereichs sind die Daten seit 1991 mit denen der Vorjahre nur bedingt vergleichbar. Die Zahlen fuer 1991 beeinhalten die Delikte der alten Länder einschliesslich Gesamt-Berlin; in den Zahlen ab 1992 sind die registrierten Delikte aller Länder enthalten.
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