Cannabislegalisierung in Deutschland!
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Cannabisverbot und Drogenkonventionen

Die meisten europäischen Staaten haben die UN Konventionen gegen Drogen von 1961, 1971 und 1988 unterzeichnet. Die UN-Drogenkonvention gehen auf Fehlentscheidungen aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg zurück, die von den USA, die bei ihrer Entstehung federführend waren, nie korrigiert wurden. Im Prinzip unterwerfen sie Cannabis den selben Beschränkungen wie Opium und Heroin, auch wenn es dafür keine wissenschaftliche Rechtfertigung gibt. Diese Konventionen verhindern aber, anders als oft behauptet wird, keine Cannabislegalisierung.

  • Die Single Convention von 1961 spielt dabei definitiv keine Rolle. Sie überlässt es ausdrücklich den Unterzeichnerstaaten ob sie Konsum, Besitz, Abgabe, usw. verbieten wollen. So ist der Konsum z.B. in der BRD nicht verboten (anders als in der Schweiz oder Frankreich). Zwar muss der Anbau ähnlich streng reglementiert werden wie die Medizinalopiumproduktion wenn er nicht verboten wird, aber auch da gibt es Möglichkeiten, siehe unten.

  • Problematischer ist die Konvention von 1988. Sie zwingt Unterzeichnerstaaten, Handel, Einfuhr, Anbau usw. von illegalen Drogen sowie den Besitz zum Zweck des illegalen Handels strafrechtlich zu verbieten. Beim Besitz zum Eigengebrauch wird die Aufforderung zum Verbot aber von verfassungsmässigen und grundsätzlichen rechtlichen Bedingungen abhängig gemacht. Das heisst konkret, dass z.B. Vorbehalte des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der Verhältnismässigkeit der Strafandrohung des Verbotes eine Bestrafung grundsätzlich ausschliessen können.

Diese Rechtslage würde wahrscheinlich eine formelle Legalisierung des Besitzes zum Eigengebrauch erlauben aber, ohne eine Kündigung der 1988er Konvention, den genehmigungsfreien Anbau und Vertrieb von Drogenhanf analog zu Alkohol und Zigaretten ausschliessen.

Beim kommerziellen Anbau und Handel wäre allerdings eine Opportunitätslösung möglich, also ähnlich zur derzeitigen niederländischen Regelung beim Besitz kleiner Mengen. Das heisst, der Gesetzgeber könnte die entsprechenden Verbote formaljuristisch bestehen lassen, aber Polizei und Staatsanwaltschaft bei diesen Delikten vom Ermittlungszwang nach Paragraph 163 der Strafprozessordnung befreien und genaue Vorschriften erlassen wann von einer Einleitung von rechtlichen Schritten grundsätzlich abzusehen ist (kein Verkauf an Minderjährige, keine Werbung, Einhaltung von Mengenbeschränkungen, kein Export, usw.).

Alternativ oder ergänzend zu einer Opportunitätsregelung bei Vertrieb und Anbau wäre auch konventionskonform eine legale staatliche Abgabe möglich, denn die Konventionen fordern nur ein Verbot der unerlaubten Abgabe. Eine Möglichkeit wäre eine Neuanlauf beim Apothekenmodell. Falls das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte diesmal die nötigen Genehmigungen erteilen würde, könnten Apotheken BtMG- und konventionskonform Cannabis abgeben.

Nach dem BtMG ist eine Abgabe nur zulässig wenn sie "im öffentlichen Interesse" ist, aber das kann man bei einer effektiven Verhinderung eines unkontrollierten Schwarzmarktes für Cannabis als gegeben ansehen. Die Behörde hat damals dennoch die Zustimmung verweigert. Es wäre zu prüfen inwieweit da das Gesundheitsministerium weisungsbefugt ist oder ob eine BtMG-Änderung nötig wäre. Hier müsste man nach entsprechender Vorarbeit neu ansetzen.

Beim Eigenanbau wären verschiedene Regelungen möglich:

  • Anbaulizenzen durch das Bundesinstitut für Arzeimittel und Medizinprodukte sind möglich, und werden derzeit auch für medizinische und botanische Forschung erteilt.

  • Eine Einführung des Opportunitätsprinzips bei formeller Beibehaltung der Strafbarkeit, wie in der Schweiz für den kommerziellen Anbau wahrscheinlich, käme auch für den Eigenanbau in Frage, wäre aber nicht unbedingt nötig.

  • Artikel 28 Abs. 2 der Einheitskonvention von 1961 erlaubt nämlich ausdrücklich den Anbau von Cannabis als Nutz- oder Zierpflanze und nimmt ihn aus den Bestimmungen der Konvention aus. Es wäre daher eine Schlupflochregelung denkbar: Cannabispflanzen dürfen unabhängig vom THC-Gehalt bis zu einer bestimmten Fläche (z.B. einem Quadratmeter) oder einer bestimmten Anzahl (z.B. 10 oder 25 Pflanzen) von Erwachsenen angebaut werden, sofern sie nicht weiterverkauft werden oder an Minderjährige abgegeben werden. Sie würden als legale Zierpflanzen anerkannt und daher aus dem BtMG ausgenommen. Für alle anderen Fälle von unerlaubtem Anbau würde weiterhin das BtMG gelten. Vielleicht müsste man den Anbau eines deratigen Ziergartens auch bei der Polizei oder einer anderen Behörde anmelden und eventuell vorher eine gebührenpflichtige Anbaulizenz kaufen. Die genauen Details wären Verhandlunsgsache.

Fazit: Die UN-Konventionen sind mehr Feigenblatt für Tatenlosigkeit der Politiker denn echtes Hindernis für praktische Reformen.


Der Vorlagebeschluss des Landgerichts Lübeck schrieb dazu:

IV. Internationale Abkommen

Der hier von der Kammer festgestellte Verstoß gegen grundgesetzliche Vorschriften wird auch nicht durch internationale Abkommen über Suchtstoffe denen die Bundesrepublik beigetreten ist, "geheilt". Internationale Abkommen, bei denen die Bundesrepublik Vertragspartner ist und die gegen unsere Verfassung verstoßen, können keine Bindungswirkung entfalten. Sie sind wegen Verstoßes gegen die Verfassung unwirksam (BVerfGE 12, 288; 30, 280). Deswegen kann z.B. die sogenannte Single Convention von 1961 keine Verpflichtung für den Gesetzgeber enthalten, in Ausführung dieser Vereinbarung verfassungswidrige Gesetze zu erlassen. Dies ergibt sich nicht nur aus unserer Verfassung selbst (Art. 20 Abs. 3 GG), sondern auch aus der Single Convention. Dort heißt es in Artikel 36 (Strafbestimmung): "Jede Vertragspartei trifft vorbehaltlich ihrer Verfassungsordnung...." Die Single Convention stellt demnach die Ausführung der in der Übereinkunft festgehaltenen Verpflichtungen ausdrücklich unter den Vorbehalt der jeweiligen nationalen Verfassungsordnung. Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß die Single Convention auch nicht zur Bestrafung des Konsums der Stoffe zwingt, die zum Gegenstand der Kontrolle gemacht werden (hierzu gehören auch die Cannabisprodukte). In Artikel 2 Absatz 5 b wird ausdrücklich darauf verwiesen, daß jede Vertragspartei "im Hinblick auf die in ihrem Staat herrschenden Verhältnisse" das Mittel wählen darf, daß sie für am geeignetsten hält, um die Volksgesundheit und das öffentliche Wohl zu schützen. Es steht danach im Belieben des jeweiligen Vertragslandes, welches Mittel es für geeignet hält. um den Verkehr und den Konsum mit den unerwünschten Stoffen zu unterbinden. Dies muß nicht zwangsläufig die Bestrafung sein. Demgemäß heißt es im Artikel 36 des Abkommens:

b) Ungeachtet des Buchstabens a können die Vertragsparteien, wenn Personen, die Suchtstoffe mißbrauchen, derartige Verstöße begangen haben, entweder an Stelle der Verurteilung oder Bestrafung oder zusätzlich zu einer solchen vorsehen, daß diese Personen Maßnahmen der Behandlung, Aufklärung, Nachbehandlung, Rehabilitation und sozialen Wiedereingliederung nach Artikel 38 Absatz 1 unterziehen.

Diese Bestimmung belegt, daß der nationale Gesetzgeber durch internationale Abkommen nicht gezwungen ist, mit den Mitteln des Strafrechts Drogenkonsum zu bekämpfen.

Vorlagebeschluss des Landgerichts Lübeck


Im Minderheitenvotum des Richters Sommer in der Cannabisentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.03.1994 (http://www.uni-wuerzburg.de/dfr/bv090145.html ab BVerfGE 90, 145 (212) - Cannabis) wird die rechtliche Lage des Cannabisverbots im Rahmen der internationalen Abkommen aufgezeigt:

Demgegenüber verlangt das "Übereinkommen vom 21. Februar 1971 über psychotrope Stoffe" (BGBl. 1976, II, S. 1477), jede Verwendung von Cannabisprodukten außer zu medizinischen oder wissenschaftlichen Zwecken zu verbieten (Art. 5 Abs. 1 u. Art. 7) und jeden vorsätzlichen Verstoß gegen das Verbot als strafbar zu behandeln (Art. 22 Abs. 1 a). Eine ausdrückliche Forderung nach Pönalisierung von Konsumentenverhalten findet sich erstmals in Art. 3 Abs. 2 des "Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen (Suchtstoffübereinkommen)" (BGBl. 1993, II, S. 1137). Auch die zuletzt genannten Abkommen stellen jedoch die Verpflichtung zur Pönalisierung des Besitzes und Erwerbes von Suchtstoffen unter den Vorbehalt der Verfassungsgrundsätze der Vertragsstaaten (Art. 22 des Übereinkommens über psychotrope Stoffe; Art. 3 Abs. 2 des Suchtstoffübereinkommens). Das Suchtstoffübereinkommen enthält überdies den Vorbehalt der Grundzüge der Rechtsordnung der Vertragsstaaten. Hierzu hat die Bundesregierung eine Interpretationserklärung abgegeben, die ihrer Auffassung nach gewährleistet, daß die Ratifikation etwaigen Überlegungen "über das 'Ob' der Bestrafung im unteren Deliktsbereich" nicht entgegenstehen kann (Protokoll der 76. Sitzung des Rechtsausschusses des 12. Deutschen Bundestages am 12. Mai 1993, S. 46 f.). Im übrigen berührt Art. 3 des Suchtstoffübereinkommens gemäß seinem Absatz 11 nicht den Grundsatz, daß die Beschreibung der Straftaten, auf die sich der Artikel bezieht, und der diesbezüglichen Gründe, die eine Bestrafung ausschließen, dem innerstaatlichen Recht einer Vertragspartei vorbehalten ist. Es sind "Beschreibungen der Straftat" bzw. der "Gründe, die eine Bestrafung ausschließen" in diesem Sinne denkbar, die gleichermaßen dem Suchtstoffübereinkommen 1988 und meinem verfassungsrechtlichen Einwand auf der Ebene des materiellen Strafrechts Rechnung tragen. So könnte in den fraglichen Fällen ein zwingender Strafausschließungsgrund vorgesehen werden (vgl. § 29 Abs. 5 BtMG in der Fassung des Änderungsantrages der Fraktion der SPD vom 12. Mai 1993, BTDrucks. 12/4913). Die Strafbarkeit könnte auch in Gestalt einer objektiven Bedingung der Strafbarkeit vom Überschreiten einer Mindestmenge abhängig gemacht werden (so der "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes" des Landes Rheinland-Pfalz vom 21. Januar 1993, BRDrucks. 58/93).
Cannabisentscheidung des Bundesverfassungsgerichts