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"Immer mehr rauchen Crack. Was tun?"

http://www.abendblatt.de/contents/ha/news/politik/html/190201/4192DRUG25.HTM
Hamburger Abendblatt, 19.02.2001

Abendblatt-Gespräch mit der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk

Immer mehr rauchen Crack. Was tun?

Berlin - Die neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD), die seit Beginn des Monats im Amt ist, will den steigenden Crack-Konsum genau untersuchen lassen. Im Gespräch mit dem Abendblatt kündigte sie an, sich noch mehr für Prävention einzusetzen und gleichzeitig die Entwicklung der neuen Trends auf dem Drogenmarkt genau zu beobachten.

ABENDBLATT: Wo sehen Sie die Schwerpunkte der künftigen Drogenpolitik?

MARION CASPERS-MERK: Mir liegt besonders daran, kommunale Suchtprävention zu stärken. Wir werden einen Wettbewerb um die besten Ideen machen, denn nicht jede Stadt muss das Rad neu erfinden. Es sollte einen fruchtbaren Austausch über die besten Präventionsstrategien geben. Bisher gibt es viele einzelne gute Projekte, die aber noch nicht ausreichend vernetzt sind.

ABENDBLATT: Gibt es konkrete Beispiele?

MARION CASPERS-MERK: In meinem Wahlkreis Lörrach gibt es die Initiative LIFE. Das ist ein runder Tisch, an dem die Selbsthilfe- und Beratungseinrichtungen, das Landratsamt, die Kriminalpolizei und die Schulen beteiligt sind. Dort wird gemeinsam überlegt: Wo trifft man Jugendliche, wie kann man ohne erhobenen Zeigefinger aufklären? Wenn so etwas positiv ist, kann es als Modell auf andere übertragen werden.

ABENDBLATT: Für Hamburg sind vor allem zwei Entscheidungen wichtig. Die Legalisierung der Drogenkonsumräume und der Beginn der heroingestützten Behandlung. Unterstützen Sie dies?

MARION CASPERS-MERK: Auf jeden Fall. Wir haben einen Kurswechsel vorgenommen, indem wir Sucht als Krankheit anerkannt haben. Wir müssen den Betroffenen helfen, sie von der Straße holen und den Zustand der sehr stark Verelendeten stabilisieren. Dazu ist das Angebot in der Fixerstube notwendig. Bei den Süchtigen, die nicht mehr behandelbar sind und mehrere Therapien abgebrochen haben, wird man unter klinischer Aufsicht die Heroinabgabe durchführen. Damit sind strenge Auflagen verbunden. Mit der ersten Aufnahme ist im April oder Mai, möglicherweise auch erst Juni zu rechnen.

ABENDBLATT: Würden Sie auch so weit gehen, eine Entkriminalisierung und Straffreiheit von Haschisch zu fordern?

MARION CASPERS-MERK: Cannabis ist von der Risikostruktur nicht mit Heroin oder Kokain zu vergleichen. Aber ich möchte keine falschen Signale setzen. Es gibt ein Problem mit Abhängigkeiten. Das existiert auch bei starkem Cannabis-Konsum. Der richtige Ansatz ist, den Einzelnen im Eigenverbrauch zu entkriminalisieren und in eine umfassende Präventionsstrategie einzubinden.

ABENDBLATT: Der Konsum von Crack nimmt stark zu. Kann die Politik mit der Entwicklung Schritt halten?

MARION CASPERS-MERK: Ich habe in Auftrag gegeben, dass die Entwicklung von Crack-Konsum und alles, was damit zusammenhängt, genauer untersucht wird. Ich habe mir darüber speziell von Hamburg und Frankfurt berichten lassen. In Berlin gibt es bisher keine Auffälligkeiten. Aber ich möchte das genauer wissen. Im Frühjahr werde ich in Hamburg einen Besuch machen und mich vor Ort informieren. Ich halte den Crack-Konsum für sehr problematisch, weil damit eine hohe Aggressivität verbunden ist und viele Beratungsstellen den Konsumenten schon Hausverbot erteilen müssen.

ABENDBLATT: Die Zahl der Drogentoten steigt weiter. Woran liegt das?

MARION CASPERS-MERK: Wir machen zu dem Thema am 22. Februar eine Fachkonferenz mit den Drogenbeauftragten der Länder und Experten in Berlin, um die Ursachen zu erforschen. Drei Dinge zeichnen sich bisher ab. Es gibt einen hohen Anteil von Aussiedlern unter den Drogentoten. Offensichtlich werden die von den Hilfsangeboten nicht erreicht. Vielleicht ist das ein kulturelles Problem oder ein sprachliches Problem. Außerdem taucht Methadon auf dem grauen Markt auf. Um den Missbrauch einzudämmen, werden wir das Substitutionsregister forcieren. Das muss jetzt umgehend ins Kabinett. Dann werden die Süchtigen, die Methadon bekommen, registriert und können nicht bei mehreren Ärzten Methadon abholen. Zum Dritten ist offenbar sehr reines Heroin auf dem Markt. (Dadurch kommt es ungewollt zu tödlichen Überdosierungen, d. Red.) (HA)

Interview: Maike Röttger

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