Cannabislegalisierung in Deutschland!
Neuigkeiten
Argumente
Politik
Verein
Aktionen
Medienprojekt
Infos über Cannabis
Hanf & Recht
Politik international
Studien
Bücher
Links
Suchen
Kontakt
in English in English
 

Drogenpolitik - Programm der F.D.P.

Brief von einem Mitglied der Schleswig-Holsteiner Jungen Liberalen

Moin Joe,

gerne komme ich Deiner Bitte nach, Auszüge aus den Wahlprogrammen der F.D.P. zuzusenden. Leider ist es so, dass auf Bundesebene die Beschlüsse zur Drogenpolitik, die Teil des Wahlprogrammes zur Bundestagswahl 1998 waren, bisher nicht geändert wurden. Sie entsprechen einer Drogenpolitik, die auch innerhalb der Bundes-F.D.P. keine Mehrheiten mehr finden würde, da, wie Du schon richtig festgestellt hast, noch nicht einmal die kontrollierte Abgabe von sog. "weichen Drogen" durch Apotheken Eingang in die Programmatik gefunden hatte.

Seit dem Beschluss des Bundestagswahlprogrammes sind aber nahezu 3 Jahre vergangen. In den aktuellen Wahlprogrammen der F.D.P., nicht zuletzt der Liberalen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, wo im Februar bzw. Mai diesen Jahres gewählt wurde, wurde die bisherige Position im Bereich der Drogenpolitik teilweise vollkommen revidiert - auch auf Druck der Jungen Liberalen. Insbesondere die Beschlusslage im größten Landesverband der F.D.P., dem in NRW, lässt hoffen, dass auf den nächsten Bundesparteitagen eine entsprechende Korrektur der Beschlusslage auf Bundesebene vorgenommen wird.

Ich hoffe, dass Dir die folgenden Infos in Deiner Arbeit weiterhelfen werden.

-----------------------------------------------------------------------

1. F.D.P. LV Schleswig-Holstein, Landtagswahlprogramm 2000:

"Drogen - Prävention und Therapie 

Eine drogenfreie Gesellschaft wird es nicht geben. Aus diesem Grund muss
es das Ziel einer liberalen Drogenpolitik sein, einen verantwortungsbewussten
Umgang mit Drogen zu fördern und den Gebrauch von Drogen so weit wie
möglich überflüssig zu machen. 

Prävention:

Prävention nimmt daher für die F.D.P. den höchsten Stellenwert in der
Drogenpolitik ein. Dabei gilt der Grundsatz: Macht Kinder und Jugendliche stark,
denn wer sich selbstbewusst genug fühlt, kann leichter "Nein" sagen! 

In allen Schulen müssen von den Schülern frei gewählte und entsprechend
weitergebildete Drogenberatungslehrer vorhanden sein. Das Thema
"Suchtprävention" muss in den Lehrplänen aller betroffenen Schulfächer ein stärkeres
Gewicht bekommen. Dabei ist nicht nur auf die Gefahren des Drogenkonsums, sondern
auch auf das Aufzeigen von Alternativen zu achten. Eltern kommt in der
Drogenprävention eine besondere Rolle zu. Eltern minderjähriger Schüler müssen
daher auf Elternabenden regelmäßig und ausführlich über das Problem
informiert werden. Da oftmals der Grundstein für späteren Drogenkonsum in der
Kindheit gelegt wird, sollen solche Veranstaltungen bereits in den
Kindertageseinrichtungen, spätestens aber in den Grundschulen durchgeführt werden. 

Kampagnen, in denen Prominente der verschiedensten Gebiete eine
Vorbildfunktion übernehmen, sollen ausgeweitet werden. Der Einsatz von Streetworkern
in Problemgebieten ist als wirkungsvolle Vor-Ort-Maßnahme auszubauen. Eltern
muss stärkere Unterstützung angeboten werden, z. B. durch
Suchtberatungsstellen, Förderung der privaten Initiativen und Selbsthilfegruppen. 

Hilfestellung und Therapie:

Liberale Drogenpolitik wird im Bereich Therapie von zwei Grundsätzen bestimmt: Therapie vor Strafe und Therapie sofort!

Bei Drogenabhängigen, die sich freiwillig in eine Therapie begeben, soll von Strafen für drogenbedingte Straftaten abgesehen werden, sofern dies nicht zu unzumutbaren Härten gegenüber Dritten führt. In letztgenannten Fällen soll ein Täter-Opfer-Ausgleich nach Vorbild des Jugendgerichtsgesetzes angestrebt werden. Wer einen Therapieplatz sucht, darf nicht lange warten müssen. Die F.D.P. setzt sich daher dafür ein, dass Therapiewillige innerhalb von 24 Stunden einen solchen bekommen können. Um die gesellschaftliche Reintegration von möglichst vielen Drogenabhängigen zu erreichen, unterstützen wir den Ausbau von Methadonprogrammen und Bestrebungen, unter ärztlicher Kontrolle gegebenenfalls auch sogenannte harte Drogen gegen Rezept abzugeben. Die Möglichkeit der Einführung eines Drogenpasses ist zu prüfen. Drogenberatungsstellen haben sich als eine geeignete Anlaufstelle für Drogenabhängige erwiesen. Die F.D.P. setzt sich für die Aufrechterhaltung des bestehenden Angebotes ein. Cannabisprodukte: Die Forschung über die gesundheitlichen und gesellschaftspolitischen Folgen von Cannabisprodukten ist zu intensivieren. Konsum von Haschisch und Marihuana dürfen nicht kriminalisiert werden. Des weiteren wird sich die F.D.P. für eine kontrollierte Abgabe sog. "harter Drogen" an Schwerstabhängige in medizinisch angezeigten Fällen einsetzen, um auch diesen eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen."

-----------------------------------------------------------------------

2. F.D.P. LV Nordrhein-Westfalen, Landtagswahlprogramm 2000:

"Für ein Umdenken in der Drogenpolitik

Sucht ist eine ernstzunehmende Krankheit. Verhinderung von Sucht steht an
erster Stelle liberaler Drogenpolitik. Die bisherige Drogenpolitik ist von
den Ergebnissen her als gescheitert anzusehen. Grund dafür ist das falsche
Verständnis der Ursachen sowie der daraus resultierende Umgang mit
Drogenproblemen. Suchtkranke dürfen nicht als Kriminelle diskriminiert werden. Die
Kriminalisierung verstärkt den Kreislauf von Sucht und sozialer Ausgrenzung. 

Daher fordern wir:

- Den Ausbau eines differenzierten Therapieangebots, das einen umgehenden 
  Therapiebeginn innerhalb von 24 Stunden gewährleistet.
- Die Verlängerung der Therapiedauer auf 12 Monate.
- Die Schaffung und Sicherstellung ausreichender Betreuungsangebote für 
  Drogenkranke vor, während und besonders nach der Therapie.
- Die langfristige Umsetzung umfassender Präventionsstrategien und   
  ideologiefreier Aufklärung vor allem in den Schulen, die Vermittlung von
 
  Informationen über Wirkungen und Nebenwirkungen von Suchtmittelmissbrauch
  sowie über Maßnahmen zur Verhinderung bleibender Schäden.
- Die gezieltere Ausbildung von Ärzten durch das Einrichten spezieller    
  Lehrstühle für Suchtkrankheiten.
- Die Weiterentwicklung von Substitutionsprogrammen sowie die kontrollierte
  Abgabe von Heroin an Schwerstabhängige zu Überbrückungs- und   
  Therapiezwecken unter strikter medizinischer Aufsicht und zur Vermeidung
  von Beschaffungskriminalität.
- Neue Wege in der Drogenpolitik, die Suchtkranken helfen, aus dem    
  Teufelskreis der Beschaffungskriminalität auszusteigen, statt sie zu 
  kriminalisieren - wie die Einrichtung von Fixerstuben und die 
  kontrollierte Abgabe von Heroin an Schwerstabhängige."

-------------------------------------------------------------------------

Auch der in mancherlei Hinsicht gesellschaftspolitisch eher konservativ ausgerichtete Landesverband der F.D.P. in Baden-Württemberg, der im nächsten Jahr eine Landtagswahl bestreitet, hat mittlerweile eine etwas "versöhnlichere" Beschlusslage zur Drogenpolitik. Das Landtagswahlprogramm ist noch nicht beschlossen - es dürfte jedoch interessant sein, herauszufinden, inwieweit die F.D.P. auch hier ihre bisherigen politischen Aussagen bewertet und evtl. neue Konzepte vorlegt.

3. F.D.P. LV Baden-Württemberg, Beschluss:

"Beschluss des 88. Ordentlichen Landesparteitages am 15. März 1997 in
Pforzheim:

Rechtliche Voraussetzung zur Einrichtung von "Fixerstuben"

Die Bundestagsfraktion der F.D.P. wird aufgefordert, die gesetzlichen
Voraussetzungen zu schaffen, um den Kommunen die Einrichtung von sogenannten
"Fixerstuben" bzw. "Gesundheitsräumen" rechtlich zu ermöglichen.

Maßnahmen zur Bekämpfung der Beschaffungskriminalität und des
Hygienedefizits bei Drogenabhängigen (6-Punkte-Programm) 

Die F.D.P. schlägt die folgenden Maßnahmen für eine aktive Drogenpolitik
vor:

Trotz bemerkenswerter Fortschritte in Prophylaxe und Therapie in
Teilbereichen, ist das Gesamtbild erschreckend: Die Zahl der Drogenabhängigen
insgesamt, der Neueinsteiger sowie der Toten steigt ständig. Insgesamt ist eine
Lösung dieses wichtigen gesellschaftspolitischen und für die Betroffenen
existentiellen Problems im Augenblick nicht in Sicht.

Die Zahl der Abhängigen steigt trotz repressiver Drogenpolitik. Dies lässt
den Schluss zu, dass eine starre law-and-order-Haltung, wie sie derzeit
praktiziert wird, nicht zum Erfolg führt.

Ein Königsweg kann nicht angeboten werden. Aber durch Aufbrechen von
starren Strukturen können neue Erfahrungen in der Therapie gesammelt werden. Das
Wagnis ganz neuer, und nach geltendem Recht nicht möglicher Schritte, muss
erwogen werden.

Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, bekräftigt die F.D.P. ihre
Auffassung, dass

- es keine generelle Freigabe von Drogen geben darf
- oberstes Ziel eine weitgehende Drogenfreiheit sein muss. Dazu müssen 
  alle Maßnahmen, einschließlich der Aufklärung und Prophylaxe, ergriffen 
  werden
- Entzug und Rehabilitation hohen Stellenwert haben. Die Perspektive zur
  Drogenfreiheit bei Abhängigen muss erhalten bleiben.

1. Substitution mit Ersatzstoffen

Die Substitution mit Methadon oder L-Polamidon hat sich insgesamt bewährt.
Die gesetzlichen Regelungen, die heute den Therapeuten zum Teil die Hände
binden, müssen überdacht und praxisorientiert neu formuliert werden. Dabei
muss die Devise gelten: weniger juristische und polizeiliche Maßnahmen,
größere Therapiefreiheit für die Ärzte. Der verantwortungsbewußte Arzt ist
gewohnt, auch mit gefährlicheren Medikamenten umzugehen, als es die beiden o.g.
darstellen. Eine ähnlich restriktive Regelung ist sonst aber bei medizinischen
Verordnungen nicht gegeben. 

Die Landesregierung wird aufgefordert, die Substitutionsprogramme im Land
Baden-Württemberg nach ärztlicher Indikation, unter strenger Kontrolle und
bei begleitender psychosozialer Beratung zu intensivieren.

2. "Spritze im Knast"

Baden-Württemberg wartet die Ergebnisse der in Niedersachsen derzeit
laufenden Modellversuche, mit denen Erfahrungen über die Ausgabe von Spritzen an
Abhängige in Justizvollzugsanstalten als Beitrag zur Gesundheitsvorsorge
gesammelt werden sollen und ihre wissenschaftliche Auswertung ab, bevor über
eigene Maßnahmen entschieden wird. Dabei wird auch die Sicherheit der im
Vollzug Beschäftigten ein wesentlicher Gesichtspunkt sein.

3. "Fixerräume"

Hier handelt es sich in erster Linie um ein hygienisches Problem. Es soll
vor allem die Übertragung von Krankheitserregern verhindert werden. Strittig
ist, ob die derzeitige Gesetzeslage diese Einrichtungen zuläßt oder nicht.
Tatsache ist, dass die verschiedenen Bundesländer in dieser Frage
unterschiedlich entscheiden.

4. Schnellentzug

Die Chancen des Schnellentzugs (sogenannter "Turbo"-Entzug) sollen auch in
Baden-Württemberg erprobt werden. Dies sollte an einer entsprechenden
Klinik geschehen mit strenger wissenschaftlicher Begleitung. 

5. Vereinfachung polizeilicher Maßnahmen

Das standardisierte Verfahren der Polizei im Umgang mit Drogenabhängigen
muss verbessert und flexibler gestaltet werden. Der Staatsanwaltschaft soll
die Einstellung des Verfahrens vorbehalten bleiben.

Devise: Keine aufwendigen Ermittlungen bei Abhängigen und Kleinsttätern.
Dagegen Bündelung der Polizeikräfte zur Bekämpfung der Drahtzieher.

6. Kontrollierte Abgabe von Drogen an Abhängige

Es gibt viele Heroinabhänigige, die aus den verschiedensten Gründen nicht
bereit sind, sich einer Substitutionstherapie zu unterziehen. Bei manchen
bestehen Kontraindikationen, manche Süchtige sind nicht "steuerbar".

So sind viele Abhängige im Grunde genommen darauf angewiesen, sich ihren
Stoff selbst zu beschaffen. Hier sollte man ansetzen.

Vereinfacht gilt folgende Modellrechnung: Der Materialwert der Tagesdosis
für Heroin liegt bei 10 DM, der Verkaufspreis bei Dealern bei etwa 100 DM.
Um diese 100 DM täglich flüssig zu haben, muss Beschaffungskriminalität von
1000 DM pro Tag geleistet werden. Vom häufig dabei noch zusätzlich
verursachten Personen- und Sachschaden nicht zu reden.

Eine weitere Beschaffungsmöglichkeit ist die Prostitution. Hier kann man
davon ausgehen, dass es rasch zur Ansteckung der/des Prostituierten kommt und
dass diese Erreger rasch weitergegeben werden. Es handelt sich dabei um
Infektionskrankheiten, welche teilweise nur mit hohem Aufwand und hohen Kosten
therapierbar (Geschlechtskrankheiten, Hepatitis usw.) teilweise auch
unheilbar (HIV) sind.

Als Schneeballeffekt erweist sich der Zwang zum Dealen durch Abhängige. So
werden stets neue "Kunden" gewonnen, da nur so die Mittel für den eigenen
Stoff beschafft werden können.

Der volkswirtschaftliche Schaden ist bei allen Beschaffungsarten enorm.

Die F.D.P. tritt dafür ein, dass im Rahmen von Modellversuchen unter
großstädtischen Bedingungen für medizinisch diagnostizierte Abhängige harter
Drogen die Möglichkeit geschaffen wird, ihnen diese Rauschmittel unter strenger
medizinischer Kontrolle zum Selbstkostenpreis zu verabreichen.

Zusammenfassung:

Die jetzige Drogenpolitik hat trotz mancher Fortschritte in Prophylaxe und
Therapie insgesamt versagt.

Es müssen neue Wege beschritten werden.

Die F.D.P. empfiehlt, die o.g. Maßnahmen in entsprechende Modelle
umzusetzen und entsprechend gesetzgeberisch aktiv zu werden."

------------------------------------------------------------------------

Auch in Rheinland-Pfalz stehen im kommenden Jahr Landtagswahlen an - wie in BW muss auch hier erst über das Wahlprogramm entschieden werden. Die Beschlusslage der Landtagswahl 1996 ist jedoch deutlich überholt.

4. F.D.P. LV Rheinland-Pfalz, Landtagswahlprogramm 1996:

"Drogenpolitik 

Drogenabhängige sind Kranke. Der Ansatz der Politik muß so sein, daß sie
in die Gesellschaft wieder integriert werden können. Ziel jeder
Drogentherapie muß sein, dem Einzelnen eine Rückkehr in ein drogenfreies Leben zu
ermöglichen. Deshalb sind Therapieplätze in ausreichender Anzahl und insbesondere
Nachsorgemaßnahmen zur Verringerung der Rückfallhäufigkeit erforderlich.
Dabei ist der psychosozialen Betreuung während und nach der Behandlung besondere
Aufmerksamkeit zu schenken. Notwendig bleibt es dabei, bei Entzugstherapien
auch zukünftig die Abgabe von Methadon als Ausstiegsvorbereitung
einzusetzen. Gleichzeitig ist zu prüfen, inwieweit auch Bedarf für eine Behandlung mit
Opiaten besteht. Die F.D.P. will auch die Möglichkeit eröffnen, die Abgabe
von Heroin unter ärztlicher Aufsicht an Schwerstabhängige im Rahmen eines
Modellversuches zu erproben. 

Eine Legalisierung selbst weicher Drogen, die ebenfalls ein Rauschmittel
sind, lehnt die F.D.P. ab, denn diese würde nur dazu führen, daß zu den
Drogen Alkohol und Nikotin eine weitere legale Droge hinzukäme. Die F.D.P. ist
aber dafür, den Besitz kleinerer Mengen von Haschisch und Marihuana nur noch
als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Eine unverhältnismäßige Kriminalisierung
des Besitzes weicher Drogen ist zu vermeiden. Dies ändert nichts daran, daß
Drogendealer und -händler verfolgt und bestraft werden müssen." 

Mit besten Grüßen,

Hendrik


Hier geht es zu unserer Briefseite, hier zu Links und Dokumenten zur FDP.

Hier geht es zu unserer Linkseite zur Parteipolitik, mit Thesenpapieren der Parteien und unseren Erwiderungen darauf, Links zu parteipolitischen Onlineforen sowie zu den Listen der Abgeordneten der Fraktionen im Bundestag.