Cannabislegalisierung in Deutschland!
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Caritasverband Deutschland, 1993

Unser Standpunkt Nr. 25

8. Kurzfassung

Existentielle Leere infolge des Mangels an Werten und an Vertrauen zu sich selbst, zu anderen und zum Leben allgemein ist der wesentliche Ausgangspunkt für den Mißbrauch von Drogen. Dieses Mißbrauchsverhalten ist ein Indikator für einen tieferliegenden gesamtgesell­schaftlichen Mangel an Werten, Orientierung und Solidarität. Drogenpolitik muß daher als Teil einer ganzheitlichen Suchtpolitik verstanden werden, die ihrerseits wieder eingebettet sein muß in eine umfassende Gesundheits- und Sozialpolitik.

Es gibt keine Lösung des Drogenproblems im Sinne des Verschwindens der Abhängigkeiten von illegalen oder legalen Substanzen. Es kann in der Drogenpolitik immer nur um Eingrenzung des Problems, um Milderung der Folgen für die Allgemeinheit und um Heilung oder Linderung für die betroffenen Menschen gehen.

Prävention muß in der Drogenpolitik an er­ster Stelle stehen. Drogenpolitik muß präventiv alle psychoaktiven Substanzen umfassen; eine Ausrichtung nur auf illegale Drogen ist verfehlt und unglaubwürdig. Präventive Drogenpolitik muß auf langfristige und lokal vernetzte Maßnahmen unter Einbeziehung der Zielgruppen setzen. Die Verhinderung oder Beseitigung von suchtfördernden Lebensbedingungen muß in der Drogenpolitik höchste Priorität erhalten.

Die unterschiedlichen Ausprägungen der Abhängigkeit und die unterschiedlichen Bedürfnisse der Abhängigen müssen eine Entsprechung finden in unterschiedlichen Interventionsformen und Hilfeeinrichtungen. Helfende Intervention sollte so früh und so schnell wie möglich einsetzen. Dazu sind die Wartezeiten durch zusätzliche Einrichtungen und schnellere Kostenregelungen abzubauen. Die Planung und Steuerung für Einrichtungen der Drogenhilfe sollte den Bundesländern übertragen werden. Für Rehabilitationsentscheidungen und Ko-stenregelungen sollten regionale Clearingstellen eingerichtet werden. Drogenfreiheit ist allein kein tragfähiges Handlungsziel. Drogenfreiheit kann nur Teil einer umfassenden Perspektive der Lebensbewältigung sein. Die Hilfe kann sich nur in kleinen Schritten und orientiert an der Lage des einzelnen Abhängigen vollziehen. Jede Form sozialer Integration und personaler Beziehung trägt dazu bei, drogenfrei zu werden oder zu bleiben. Beziehungskontinuität muß zum Leitgedanken der Drogenhilfe werden. Substitution kann zu gesundheitlicher und sozialer Stabilisierung beitragen und Impulse für einen Weg in die Unabhängig­keit von Drogen geben. Substitution darf nicht abgekoppelt werden von den sonstigen Angeboten der Drogenhilfe. Die integrative Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Drogenhilfe ist unverzichtbar.

Für die einzelnen Betäubungsmittel sind nach dem Ausmaß ihrer Gefährlichkeit und ihrem Suchtpotential unterschiedliche Strafrahmen zu setzen. Vorrangig sollte Cannabis aus der gesetzlichen Gleichstellung mit Heroin und Kokain herausgenommen werden. Erwerb und Besitz von kleinen Mengen Betäubungsmittel zum Eigenverbrauch sollten straffrei sein.

Der Krankheitscharakter der Drogenabhängigkeit muß handlungsleitend im BtMG verankert werden. Kriminalisierung und Haftstrafen für Konsumenten und Abhängige sollten durch eine im Gesetz festgelegte individuelle präventions- und rehabilitationsorientierte Einzelfallprüfung und -wertung soweit wie möglich vermieden werden. Für die Umsetzung dieser Einzelfallwertung nach präventiven und rehabilitativen Gesichtspunkten ist die Schaffung einer Institution „Drogengerichtshilfe" unverzicht­bar.

Die Einrichtung von sogenannten Fixerstuben darf kein Tabu sein. Mit der Ermöglichung von hygienischen und menschenwürdigen Bedingungen wird der Drogengebrauch als solcher nicht gebilligt. Auch eine staatlich geregelte Abgabe von Suchtstoffen an Schwerstabhängige würde keine Billigung des Drogengebrauchs bedeuten. Entscheidungen müssen unter Abwägung ethischer, gesundheits- und sozialpolitischer Gesichtspunkte getroffen werden. Unverzichtbare Voraussetzung für derartige Entscheidungen muß sein, daß die Drogenabgabe ultima ratio ist und daß sie, wie alle anderen Maßnahmen der Drogenhilfe, primär auf die Linderung und final auf die Überwindung der Abhängigkeit ausgerichtet sein muß.

Caritasverband Deutschland   1993