Cannabislegalisierung in Deutschland!
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Erster Thread mit Marion Caspers-Merk, Drogenbeauftragte (Oktober 2001)

Im Original: http://www.spdfraktion.de/dialog/forum/read.php?f=14&i=142&t=134

Die folgenden Postings in einem Thread im Onlineforum der SPD-Fraktion im Bundestag stammen von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Frau Caspers-Merk:

gesamten Thread hier lesen

oder nur diese zwei Beiträge:

Autor: Marion Caspers-Merk (193.17.242.---)
Datum: 09.10.2001 11:06

Die Legalisierung von Cannabis wäre eine Signal in die falsche Richtung. Ich denke zwar nicht, dass die Strafverfolgung das geeignete Mittel ist, um mit dem Problem umzugehen. Aber es muss auch jedem klar sein, dass der Umgang mit Cannabis nicht ohne Risiken ist.

Was die rechtliche Seite betrifft, wird in der öffentlichen Diskussion Legalisierung und Entkriminalisierung miteinander verwechselt. Eine Legalisierung wird es in Deutschland schon deshalb nicht geben, weil die UN-Drogenkonventionen, die wir unterzeichnet haben, dies nicht zuließen. Cannabis ist selbst in den Niederlanden nicht legalisiert. In Deutschland ist seit dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes von 1994 der Besitz kleiner Mengen Cannabis zum Eigenkonsum faktisch straffrei. Es ist allerdings richtig, dass die Bundesländer für "die geringe Menge" Cannabis unterschiedliche Grammgrenzen festgesetzt haben. Das Bundesjustizministerium ist gerade dabei, diese Unterschiede zu erheben und auf eine Harmonisierung hinzuwirken.

Wir vertreten also eine Entwicklung hin zu einer Entkriminalisierung des Cannabiskonsums in kleinen Mengen. Manch einer wird behaupten, dass wäre eine widersprüchliche Politik. Aber gerade in der Drogenpolitik gibt es nun mal keine einfachen Lösungen. Eine reine Verbotspolitik löst das Problem ebenso wenig wie eine völlige Liberalisierung.

Davon unberührt bleibt der Einsatz von Cannabis-Arzneimitteln, die z. B. in der Anorexie- und Schmerztherapie nachgewiesenermaßen zu Erfolgen führen. Aber auch hier ist Cannabis kein Wundermittel. Bereits jetzt können bestimmte Cannabis-Arneimittel auf Betäubungsmittelrezept verschrieben und durch Apotheken bereitgestellt werden. Es wird gerade geprüft, ob die Zulassung von weiteren Fertigarzneimitteln auf der Basis von Cannabis betrieben werden sollte. Die pharmakologische Anwendung von Cannabis erfordert in keiner Weise die generelle Legalisierung.

Es ist richtig, dass uns in Deutschland keine Angaben über Cannabis-Todesfälle vorliegen. Und es ist auch richtig, dass in unsere Gesellschaft Alkohol und Nikotin viel zu unkritisch betrachtet werden im Vergleich zu Cannabis. Aber das sind noch lange keine Gründe, die Augen vor den Risiken des Cannabiskonsums zu verschließen. Wir brauchen hingegen eine engagiertere Debatte über die Risiken aller Suchtmittel.

Eine körperliche Abhängigkeit von Cannabis ist zwar praktisch auszuschließen, doch kann es zu körperlichen Schäden kommen, wie z. B. eine Beeinträchtigung der Bronchialfunktionen. Die kanzerogenen Effekte des Cannabisrauchens sind um ein Vielfaches höher als beim Nikotinrauchen. Daneben kann der Konsum von Cannabis zu einer psychischen Abhängigkeit führen. Es sollte jedem klar sein, dass ein stark dosierter Cannabiskonsum mit der Bewältigung schulischer und beruflicher Anforderungen kaum zu vereinen ist. Seit einigen Jahren berichten ambulante Suchthilfeeinrichtungen von einer zunehmenden Zahl Jugendlicher, für die der Cannabiskonsum zu einem Problem geworden ist, mit dem sie nicht mehr allein klar kommen. In den letzten drei Jahren hat sich die Zahl der Hilfesuchenden verdoppelt. Cannabis ist alles andere als harmlos! Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen sind eine Legalisierung und Verharmlosung des Cannabiskonsums abzulehnen.

Marion Caspers-Merk


Autor: Marion Caspers-Merk (193.17.242.---)
Datum:   26.10.2001 14:09

Ich lese Ihre ganzen Argumente mit Interesse, zum Teil aber auch mit Stirnrunzeln und Kopfschütteln. Um ein Beispiel zu nennen: Auf mein Argument, dass ein stark dosierter Cannabiskonsum mit der Bewältigung schulischer und beruflicher Anforderungen nicht zu vereinen ist, wird erwidert, dass der Cannabiskonsum gerade unter Gymnasiasten verbreitet sei und also leistungssteigernd wirke. Ist das logisch? Es ist belegt, dass der Alkoholmißbrauch bei Frauen in sogenannten gehobenen Bevölkerungsschichten stärker vertreten ist als in den unteren Schichten. Kann man daraus etwa ableiten, dass eine Frau den sozialen Aufstieg durch Alkoholmißbrauch schaffen kann?
Zu dem immer wieder gern vorgebrachten Vorwurf, festgestellter Cannabiskonsum würde quasi automatisch einen Führerscheinentzug nach sich ziehen: Es ist Aufgabe der psychologischen Tests herauszufinden, ob eine Person sich verantwortungsvoll im Straßenverkehr bewegt. Wenn dies auf die Person nicht zutrifft, sondern zum Beispiel keinerlei Bedenken und Risikobewußtsein beim Cannabiskonsum signalisiert werden, kann es durchaus sein, dass der Führerschein entzogen wird. Das ist übrigens statistisch nur in einem von zehn Fällen so. Es gilt schließlich, auch das Leben anderer Verkehrsteilnehmer zu schützen.
Noch ein Wort zur allgemeinen Diskussion über Suchtverhalten. Das Durchschnittsalter beim Einstieg in das Rauchen von Zigaretten beträgt 13,5 Jahre. Wohlgemerkt: das Durchschnittsalter. Das bedeutet, dass viele Kinder noch früher anfangen. Ich als Drogenbeauftragte und viele andere Organisationen, Ärzte usw. versuchen, Kinder und Jugendliche zu überzeugen, nicht mit dem Rauchen anzufangen, und bemühen uns sehr um Prävention. Wie würde eine Legalisierung von Cannabis in dieses Konzept passen? Ich bin fest davon überzeugt, dass man derart unterschiedliche Botschaften nicht in die Gesellschaft senden darf. Zumal polivalente Konsummuster unter Jugendlichen zunehmen und es nicht gerechtfertigt ist, ein einzelnes Suchtmittel isoliert zu betrachten und daraus politische Forderungen abzuleiten.


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