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Cannabis: Als Arzneimittel nur von geringem therapeutischen Nutzen

Rommelspacher, Prof. Dr. med. Hans

Deutsches Ärzteblatt 97, Heft 51-52 vom 25.12.00,
Seite A-3473
[POLITIK: Medizinreport] http://www.aerzteblatt.de/archiv/artikel.asp?id=25505

Analgetische, antiemetische, muskelrelaxierende und appetitsteigernde Wirkungen sollten nur genutzt werden, wenn alle sonstigen Therapiemaßnahmen versagt haben und eine sorgfältige medizinische Überwachung des Patienten gewährleistet ist.

Die Verwendung von Cannabis zu medizinischen Zwecken ist bis in das 6. vorchristliche Jahrhundert belegt. In Westeuropa wurde es im frühen 19. Jahrhundert zur Behandlung von Epilepsie, Trigeminusneuralgie, Schlafstörungen und Müdigkeit eingesetzt.

Internationale Situation

Im November 1996 wurde in Kalifornien nach einem Volksentscheid beschlossen, dass Cannabis als Medikament begrenzt bei folgenden Indikationen verschrieben werden darf: bei Schmerzen, die mit anderen Mitteln nicht behandelbar sind, bei Glaukom, zytostatikabedingter Übelkeit, während Immunsuppression bei Aids sowie gegen Muskelverkrampfungen bei multipler Sklerose.

Das stimmt nicht. Proposition 215 erlaubt den Einsatz von Cannabis fuer jeden Zweck fuer den es ein Arzt muendlich oder schriftlich empfiehlt. Ein bestimmter Indikationskatalog oder die Forderung, dass es nur dann verwendet werden kann, wenn andere Mittel nicht verfuegbar sind, waren nicht Teil des Gesetzes

Diese Legalisierung gilt in den USA außerdem nur noch im Staat Arizona.

Diese Information ist veraltet. Marihuana ist inzwischen auch in Washington, Oregon, Nevada, Colorado und Hawaii eine legale Medizin.

Das Präparat Dronabinol (Marinol®) ist in allen Staaten der USA zugelassen. Es handelt sich dabei um in Sesamöl gelöstes und in Kapseln verpacktes §9-Tetrahydrocannabinol (THC), den Hauptwirkstoff des indischen Hanfs (cannabis sativa). Dronabinol ist für die Indikationen Kachexie und Appetitlosigkeit (seit 1992) sowie zytostatikabedingter Übelkeit (seit 1985) in den USA verfügbar. Außerdem ist das synthetische Cannabinoid Nabilon (Cesamet®) in England und das §9-THC enthaltende Fertigarzneimittel Elevat® in Südafrika im Handel.
Zu Forschungszwecken wurde Cannabis bei multipler Sklerose in Großbritannien eingesetzt. In den Niederlanden ist δ9-THC verschreibungsfähig. Die Abgabe von Marihuana erfolgt in staatlich kontrollierten Verkaufsläden, nicht jedoch in Apotheken. Der Anbau wird behördlich kontrolliert. Es werden Pflanzen mit hohem §9-THC-Gehalt gezüchtet (bis 25 Prozent statt vier bis fünf Prozent). In der Schweiz ist der Hanfanbau von Sorten, die einen §9-THC-Gehalt von mehr als 0,3 Prozent (Grenzwert für Hanf zur Verwendung als Nutzpflanze in Deutschland) zulässig. In Italien ist geplant, den Eigenanbau von Hanf zu nicht gewerblichen Zwecken zu gestatten.

Situation in Deutschland

Tetrahydrocannabinol wurde am 1. Februar 1998 in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) von „nicht verkehrsfähig“ zu „verschreibungsfähig ohne Ausnahmegenehmigung“ umgestuft. Damit ist es erlaubt, δ9-THC-haltige Medikamente über Apotheken zu beziehen. Ein in Deutschland verkehrsfähiges Medikament kann jede deutsche Apotheke importieren und liefern, allerdings nicht lagern. Die Beschaffung ist erfahrungsgemäß innerhalb von ein bis zwei Tagen möglich, da sich eine Reihe von Anbietern auf solche Aufträge spezialisiert hat. Marinol® ist als Kapsel mit 2,5, 5 und 10 mg δ9-THC verfügbar. 25 Stück zu 2,5 mg kosten zwischen 550 und 600 DM.

Das sind etwa 9.000 bis 10.000 DM pro Gramm THC. Im Vergleich mit Marihuana mit 6 % THC fuer etwa 10 DM / Gramm ist Marinol also etwa 150 mal so teuer.

Für die Indikation Antiemesis bei Zytostatikatherapie werden 15 bis 20 mg §9-THC pro Tag emfohlen, bei Aids-bedingter Kachexie ein bis zwei Kapseln zu 2,5 mg. Dies bedeutet bei vorsichtiger Rechnung einen Betrag von etwa 4 000 DM zur Behandlung der Übelkeit und 700 DM bei Kachexie pro Monat (Tabelle).

Das heisst, bei Marihuana waeren es DM 30 bzw 5 pro Monat.

Pflanzenteile (Marihuana) der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen, das abgesonderte Harz (Haschisch) sowie sämtliche anderen Cannabinoide als Reinsubstanzen wie beispielsweise §8-THC gelten weiterhin als „nicht verkehrsfähig“. Damit ist für wissenschaftliche Studien mit Haschisch, Marihuana, einem Extrakt aus Haschisch beziehungsweise Marihuana oder Reinsubstanzen eine Ausnahmegenehmigung der Bundesopiumstelle erforderlich.
Hanf mit einem §9-THC-Gehalt von 0,3 Prozent und weniger unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz nicht und kann zu gewerblichen Zwecken verwendet werden. Im Rahmen eines Ringversuchs wird THC, das in den Niederlanden aus Hanf extrahiert, aufgereinigt und als Fertigarzneimittel nach Deutschland exportiert wird, geprüft.

Antiemetische Wirkung

In einer Untersuchung mit Dronabinol wurde bei einer Dosis von etwa 7 mg/m2 eine gute Wirksamkeit bei 36 Prozent der Patienten, eine unvollständige Wirkung bei 32 Prozent und Wirkungslosigkeit bei weiteren 32 Prozent gefunden. 65 Prozent gaben Benommenheit und Schwindel an, zwölf Prozent waren dysphorisch. Ältere Studien fanden eine antiemetische Wirksamkeit von THC und Marihuana.

Muskelrelaxierende Wirkung

In einer Studie wurde gezeigt, dass bei 112 MS-Patienten, die regelmäßig Cannabis rauchten, 5 mg THC muskelrelaxierend wirken. In einer weiteren Studie wurden die Besserung der spastischen Symptomatik und zusätzlich anxiolytische und antidepressive Wirkungen nach Cannabisgebrauch beobachtet.

Appetitsteigernde Wirkung

Bei kachektischen Patienten mit Karzinomen oder Aids wird Dronabinol zur Appetitanregung eingesetzt. Für diese Indikation gibt es wenig überzeugende Belege. Bei Krebspatienten wurden mehrere Dosen und Dosierungsschemata geprüft, wobei sich herausstellte, dass nur einzelne Patienten mit einer Gewichtszunahme reagierten. Bei den meisten war lediglich die Progredienz des Gewichtsverlusts verlangsamt (4 × 2,5 und 5 mg Dronabinol/d). Unter der höheren Dosis traten Schwäche, Müdigkeit, Schwindel, Benommenheit, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen auf.
Bei Patienten mit Aids wurden 2 × 2,5 mg/d Dronabinol sechs Wochen lang gegeben. Unter dieser Behandlung war das Körpergewicht stabil. Unerwünschte psychotrope Wirkungen wurden nicht bemerkt. Darüber hinaus zeigten 20 Prozent der Patienten verminderte Übelkeit und die meisten eine Stimmungsverbesserung.
Gerade die Stimmungsverbesserung dürfte bei diesen Patientengruppen für die subjektive Beurteilung der Wirkungen eine wichtige Rolle spielen. Dieser Aspekt sollte auch bei der Nutzen-Risiko-Abwägung von Cannabis als Medikament berücksichtigt werden.

Analgetische Wirkungen

Die §9-THC-induzierte Analgesie soll vorwiegend, wenn auch nicht ausschließlich, über Zentren im Rückenmark erfolgen (spezifische Cannabinoid-Rezeptoren: CB1). Systematische wissenschaftliche Studien zur analgetischen Wirksamkeit von Cannabis/Marihuana oder dem wichtigsten wirksamen Inhaltsstoff §9-THC beim Menschen gibt es kaum. Noyes und Mitarbeiter untersuchten die schmerzstillende Wirkung von §9-THC an 36 Karzinompatienten. Sie fanden, dass 10 mg nicht zuverlässig wirksam waren (etwa wie 600 mg Acetylsalicylsäure oder 60 mg Codein). Der schwache und nicht bei jedem Patienten nachweisbare Effekt wird mit unterschiedlich starken Schmerzen erklärt. Die Autoren kommen zu dem Schluss, δ9-THC sei ähnlich wie ASS ein schwaches Analgetikum.
Zur Behandlung von „Schmerzen“ wird es nicht empfohlen, da die sicher wirksame Dosis (20 mg Einmalgabe) fast ausnahmslos zu starker Sedierung (32/34), zu Schwindel (33/34), trokkenem Mund (26/34), Sehstörungen (22/34), Verwirrtheit (18/34), Gangunsicherheit (15/34), Steifigkeit (13/34), Orientierungsstörungen (12/34), vereinzelt auch zu Störungen des Zeitgefühls, der Konzentration und zu Realitätsverlust führte. Die Patienten gelangten nach Einnahme von 20 mg §9-THC in einen Zustand „traumhafter Immobilität“. Weitere Fallberichte genügen nicht wissenschaftlichen Kriterien. Die analgetische Wirkung von Marihuana beziehungsweise Haschisch ist umstritten. Ein Bericht belegt sogar eine hyperalgetische Wirkung von Marihuana.

Risiken

Abgesehen von der schädlichen Wirkung des Tabaks, mit dem zusammen Haschisch appliziert wird (Krebsrisiko, chronische Bronchitis, Lungenemphysem, kardiovaskuläre Krankheiten, Morbus Alzheimer, Probleme in der Schwangerschaft und niedriges Geburtsgewicht, Asthma bei passiv rauchenden Kindern),

Es gibt keinen Grund, Marihuana mit Tabak zu strecken. Die fertigerollten Joints der US-Regierung sind tababkfrei.

gibt es eine Reihe von Berichten zu Risiken des akuten und chronischen Gebrauchs von Marihuana, Haschisch und §9-THC.
Danach rufen bei gesunden Personen etwa 3,5 mg §9-THC milde Sedierung und Euphorie, 7 mg Wahrnehmungsstörungen und solche des Zeitgefühls (zeitlupenähnlich) und 15 mg Verwirrtheit hervor.

5 mg gelten dabei als "Normaldosis".

Noch höhere Dosen können sowohl dämpfen als auch Unruhe und Erregungszustände auslösen. Vereinzelt treten psychotische Erscheinungen auf. Chronischer Gebrauch kann zu Gewichtszunahme sowie zur Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit und der motorischen Koordination führen.

Weiter oben hiess es zur Appetitanregeung: "Für diese Indikation gibt es wenig überzeugende Belege."

Beschrieben sind auch Störungen der Spermatogenese, Fruchtbarkeit und der Implantation von Eizellen.

Bei Dosen im Tierversuch die so hoch sind dass es laut IOM-Bericht unwahrscheinlich ist dass sie bei Marihuanarauchern erreicht werden.

Über die Verminderung der Fahrtauglichkeit wurde im Deutschen Ärzteblatt berichtet (Becker S: Drogen. Dt Ärztebl 1999; 96: A-908–909 [Heft 14]).
Psychosen (Halluzinationen und hochgradige Verstimmungen) wurden nach Inhalation größerer Mengen von Marihuana beschrieben. Das Kurzzeitgedächtnis wird bereits nach kurzem Haschischgebrauch gestört. In einer Studie (n = 24, Wechsler-Intelligenztest) war beispielsweise bei schwerem Cannabismissbrauch besonders die Fähigkeit zu Kompromissen, die Beurteilung eines Sachverhalts und die Fähigkeit zu Kommunikation und Verbalisierung (Wortfindung) gestört. Zur besseren Beurteilung der Risiken seien auch Befunde, die bei Langzeitkonsumenten erhoben wurden, erwähnt.
Bei einer Untersuchung von Cannabiskonsumenten (durchschnittlich 34 Jahre Konsum beziehungsweise acht Jahre Konsum) wurde die Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses und die Unfähigkeit, sich auf eine vorgegebene Aufgabe zu konzentrieren, bei der Gruppe mit jahrzehntelangem Gebrauch bestätigt. 265 Cannabis-Konsumenten in Indien (mittlere Dauer: 6,7 Jahre mit einem täglichen Verbrauch von geschätzt 150 mg §9-THC) reagierten auf entsprechende Aufgaben motorisch langsamer.

Warum werden diese Studien nicht beim Namen genannt? 150 mg THC ist extrem hoher Konsum, entsprechend mehreren Gramm Cannabis taeglich.

Intelligenz und Gedächtnisleistung waren bis auf das Kurzzeitgedächtnis nicht eingeschränkt. Wesentlich zurückhaltender als noch vor einigen Jahren wird ein kausaler Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und einem „Amotivationssyndrom“ eingeschätzt. Zwar wird eine Verminderung des Antriebs, der Initiative und der Motivation bei Langzeitkonsumenten von Cannabis beobachtet, jedoch wird eine Spezifität für Cannabis infrage gestellt.

Die Kleiberstudie ist zu anderen Ergebnissen gekommen:

"Interessanterweise unterscheiden sich abhängige und nicht abhängige Cannabiskonsumenten nicht hinsichtlich ihrer Leistungsorientierung. Wird das vielzitierte amotivationale Syndrom (vgl. Täschner, 1986 und 1994) als Begleiterscheinung bzw. Konsequenz des Langzeit- und somit mitunter auch abhängigen Cannabiskonsums gesehen, so finden sich in unserer Stichprobe keinerlei Hinweise, die diese These untermauern würden."
Cannabiskonsum. Entwicklungstendenzen, Konsummuster und Risiken.

Dieter Kleiber, Renate Soellner

Taschenbuch - 256 Seiten (1998) Juventa Verlag, Weinheim

ISBN: 3779911779 (DM 39,80)

Vielmehr wird angenommen, dass auch andere sedierend wirkende Drogen wie zum Beispiel Alkohol ein vergleichbares psychisches Syndrom hervorrufen. Zusammenfassend muss also bei häufigem und längerem Gebrauch von Haschisch und Marihuana mit einer Störung des Kurzzeitgedächtnisses und Schwächung bestimmter mentaler Leistungen (Unfähigkeit zu Kompromissen, geringe Kommunikation, Konzentrationsmangel, verminderte Initiative) sowie eingeschränkter Motorik gerechnet werden.
Obwohl Cannabinoide immunsuppressiv wirken, konnte keine Studie einen schwereren Krankheitsverlauf bei Cannabis-konsumierenden Aids-Patienten belegen. Mit Kreislaufstörungen, Schwindelanfällen und Ohnmacht muss gerechnet werden. Schließlich ist die Lungenfunktion in aller Regel erheblich beeinträchtigt.

Die Langzeitstudie von Dr Tashkin von der UCLA fand dass die Lungenfunktion von Cannabiskonsumenten mit dem Alter nicht staerker abnimmt als die von Nichtrauchern.

Die Abhängigkeit der Konsumenten vom Tabak ist eine wesentliche konfundierende Variable für die Abhängigkeit von Cannabis. Dadurch ist die Beurteilung des Abhängigkeitspotenzials von Cannabis schwierig. Einen Anhaltspunkt über die Prävalenz in Deutschland gibt der Bericht der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (1997): Danach hatten 270 000 Jugendliche einer Stichprobe von 2,1 Millionen junger Menschen in den vorhergehenden 30 Tagen Cannabis mindestens 20-mal benutzt. Daraus kann geschlossen werden, dass Missbrauch von Cannabis unter Jugendlichen häufig ist.

Die Ergebnisse der Studie werden hier verfaelscht wiedergegeben. Die echten Zahlen sind hier zu finden:

http://www.sucht.de/fakten/konsumtrends.html

Die IFT-Studie fand 2,1 Millionen aktuelle Konsumenten (jaehrliche Praevalenz) unter 49 Millionen 18-59 Jaehrigen. Stichprobengroesse betrug einige Tausend Befragte. Die "Haeufigkonsumenten" (Konsum an mindestens 20 der letzten 30 Tage) in der Studie sind nicht speziell Jugendliche sondern summieren sich aus der gesamten untersuchten Altersgruppe.

Die Studiengruppe der WHO, die überwiegend auf Erfahrungen in den USA und Kanada zurückgegriffen hat, geht von einer Lebenszeitprävalenz einer Cannabisabhängigkeit von etwa vier Prozent aus. Das Abhängigkeitsrisiko entspreche etwa dem von Alkohol, sei aber geringer als das von Tabak.

Die IOM-Studie gibt die Lebenszeitpraevalenz einer Abhaengigkeit auf die Grupper der Lebenszeitkonsumenten berechnet wie folgt an:

Tabak: 32 %

Alkohol: 15 %

Cannabis: 9%

Das Bundesverfassungsgericht bewerte das Abhaengigkeitspotenzial von Cannabis als "sehr gering."

In Deutschland wird in der Altersgruppe 18 bis 59 Jahre (49 Millionen Personen) von 80 000 Abhängigen (0,16 Prozent) und 160 000 Personen mit schädlichem Gebrauch ausgegangen (Bühringer, Pers. Mitteilung).

Im Vergleich, bei Tabak geht das IFT von 15,1 Millionen Faellen von "riskantem Konsum" und 7,8 Millionen Faellen von Missbrauch aus. Bei Alkohol gibt es 9,1 Millionen riskante Konsumenten, 2,7 Millionen Faelle von Missbrauch und 1,6 Millionen Abhaengige. http://www.ift.de/IFT_deut/Aktuell/akt1_fr.htm

Oft fehlt die Willensstärke, den Gebrauch von Haschisch und Marihuana zu beenden, und der Abhängigkeitssymptomatik der Charakter des Absoluten, Starren und schwer Korrigierbaren. Eine eingehende Analyse über Nutzen und Risiken von THC wurde vom Institut für Medizin (IOM) der USA vorgelegt, sie empfiehlt:

- Zusätzliche Untersuchungen über physiologische Wirkungen von synthetischen und in Pflanzen vorkommenden sowie der körpereigenen Cannabinoide (Derivate der Arachidonsäure). Dabei sollte nicht nur §9-THC geprüft werden.

- Klinische Prüfungen mit Cannabinoiden zur Behandlung der Symptome, für die §9-THC bereits zugelassen ist, mit dem Ziel, Inhalationspräparate mit zuverlässiger und sicherer Freisetzung sowie schnellem Wirkungseintritt zu entwickeln.

- Untersuchung der psychologischen Effekte von Cannabinoiden wie Angstminderung und Sedierung, um sie eventuell therapeutisch nutzbar zu machen.

- Studien zur Beurteilung des Gesundheitsrisikos durch das Rauchen von Marihuana, insbesondere bei regelmäßigem Marihuanagebrauch.

- Die kurzfristige Verwendung von gerauchtem Marihuana bei Patienten mit schweren Erkrankungen wie therapieresistenten Schmerzen oder Erbrechen sollte nur erfolgen, wenn alle sonstigen Therapiemaßnahmen versagt haben und sorgfältige medizinische Überwachung gewährleistet ist.

Der IOM-Bericht vernachlaessigte dabei den Aspekt der Vaporisierung bzw. Inhalierung komplett. Dass der Bericht Therapien empfahl in denen Cannabis bis zu 6 Monate lang geraucht wird, ist unter dem Gesichtspunkt des politischen Klimas der USA schon als grosser Sieg fuer die Patienten zu bewerten.

Schlussfolgerung

Wegen der schädlichen Wirkungen und des Abhängigkeitsrisikos des Tabaks ist Haschischrauchen zu medizinischen Zwecken nicht angezeigt und begründbar.

1. Es gibt keinen Grund weshalb Haschisch zusammen mit Tabak geraucht werden sollte.

2. Koerperlich stark abhaengig machende Substanzen wie Morphin, Methadon oder Valium werden dennoch medizinisch eingesetzt. Diese Begruendung wäre deshalb auch dann nicht ueberzeugend, wenn man Haschisch mit Tabak rauchen sollte.

3. Professor Dr. Kleiber und Professor Dr. Kovar schreiben in ihrer Expertise fuer das Bundesgesundheitsministerium von 1997 über das Abhängigkeitspotential von Cannabis (ohne Tabak konsumiert):

"Bezüglich des Abhängigkeitspotenzials der Droge fassen wir zusammen: Der Konsum von Cannabis führt keineswegs zwangsläufig zu einer psychischen Abhängigkeit, es kann jedoch zu einer Abhängigkeitsentswicklung kommen. Eine solche Abhängigkeit vom Cannabistyp kann jedoch nicht primär aus den pharmakologischen Wirkungen der Droge, sondern vielmehr aus vorab bestehenden psychischen Stimmungen und Problemen erklärt werden. Die Abhängigkeit von Cannabis sollte als Symptom solcher Probleme gesehen werden."
Die Langzeitrisiken beim Rauchen sind vor allem ein Argument fuer die Entwicklung sicherer, schnellwirksamer Alternativen zum Konsum durch Rauchen. Entsprechende Studien mit Extrakten von Cannabispflanzen und Inhalatoren werden zur Zeit in Grossbritannien durchgefuehrt. Leider werden in Deutschland derzeit keinerlei derartige Forschungen unterstuetzt.

Eine Alternative wäre die orale Einnahme. Um dieselbe Wirkung zu erzielen, wäre eine Dosiserhöhung um das Zwei- bis Dreifache erforderlich. δ9-THC ist in der Praxis nur in niedrigen Dosen zu verwenden (Risiko einer Dysphorie). Mehrmals täglich verabreicht, hat es keine oder nur geringe psychotrope Wirkungen, ist aber auch therapeutisch kaum von Nutzen. Es kann versuchsweise zur Muskelrelaxation sowie bei Übelkeit, Glaukom und Appetitlosigkeit eingesetzt werden (Tabelle).
Wissenschaftliche Untersuchungen weiterer Inhaltsstoffe von Cannabis sollten mit dem Ziel durchgeführt werden, Cannabinoide mit weiteren Indikationen nachzuweisen – wie Anxiolyse oder Antidepression –, die keine oder geringe dysphorisierende Eigenschaften bei erwünschter medizinischer Wirksamkeit zeigen.

Das Literaturverzeichnis ist über den Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich.

Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Hans Rommelspacher
Arzt für Pharmakologie Abt. für Klinische Neurobiologie
Universitätsklinikum Benjamin Franklin Freie Universität Berlin
Ulmenallee 32, 14050 Berlin