|  |  | Kontrollierter Drogenkonsum 
  ist möglich  Drogen 
  konsumieren und in der Gesellschaft integriert sein  laut einer Studie 
  der ETH Lausanne ist dies Realität. Sie erfasst erstmals Konsumenten, die 
  weder behandelt werden noch der Polizei bekannt sind. STEFFEN KLATT LAUSANNE. Daniel 
  Kübler macht keinen Hehl daraus: Die Studie hat politische Brisanz. Bundesrätin 
  Ruth Dreifuss will noch im Frühjahr die Botschaft über die Revision 
  des Betäubungsmittelgesetzes vorstellen; vorgesehen ist die Entkriminalisierung 
  des Cannabiskonsums, der Gebrauch der übrigen Drogen soll praktisch nicht 
  mehr verfolgt werden. Der Politologe Kübler und der Sozialund Präventivmediziner 
  Dominique Hausser weisen nun nach, dass der Konsum von Drogen nicht mit einem 
  sozialen Niedergang einhergehen muss. Wer Heroin oder Kokain gebraucht, kann 
  durchaus integriert sein in der Gesellschaft.Die in der englischen Zeitschrift «Addiction» veröffentlichte 
  Studie der ETH Lausanne geht auf einen Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit 
  zurück. Wissenschaftlich erfasst werden sollten die bisher «unbekannten 
  Drogenkonsumenten, die weder behandelt werden noch der Polizei bekannt sind». 
  Der Befund der Lausanner Forscher: Diese «unbekannten» Drogenkonsumenten 
  unterscheiden sich deutlich von den bisher «bekannten». Sie konsumieren 
  seltener, gehen mehrheitlich einer geregelten Arbeit nach, haben weniger Geldprobleme, 
  nur wenige sind obdachlos.  Die Lausanner Forscher machen dabei verschiedene 
  Gruppen aus. Am besten integriert sind die Langzeitkonsumenten, die mehr als 
  fünf Jahre konsumiert haben, ohne behandelt worden zu sein: Drei Viertel 
  von ihnen gehen einer geregelten Arbeit nach. Nur jeder Fünfte hat Probleme 
  mit dem Geld, nur 7 Prozent beschaffen ihr Geld bei Quellen wie Drogenhandel, 
  Diebstahl, Prostitution und Bettlerei. Konsumiert wird vorab Kokain, und zwar 
  in Gesellschaft.
 Verbot erschwert 
  SelbstkontrolleStärker gefährdet sind die Neueinsteiger, die noch nicht Kontakt mit 
  Beratungs- oder Behandlungsstellen gehabt haben: Nur jeder Zweite geht einer 
  geregelten Arbeit nach, immerhin 38 Prozent haben finanzielle Probleme. Sie 
  konsumieren vor allem Heroin, ebenfalls meist in Gesellschaft. Im Vergleich 
  mit den «bekannten» Drogenkonsumenten schneiden sie noch immer gut 
  ab: Von diesen geht nur ein gutes Drittel einer Arbeit nach, zwei Drittel haben 
  Geldprobleme, ein Fünftel finanziert sich aus illegalen Quellen. Kübler 
  und Hausser haben ihre Erkenntnisse aus der Befragung von mehr als 900 Personen 
  in der ganzen Schweiz gewonnen. Sie folgern daraus, dass der kontrollierte Konsum 
  möglich ist, ähnlich wie bei der gesellschaftlich akzeptierten Droge 
  Alkohol. Das bisherige Konsumverbot behindere freilich, dass Informationen über 
  die wirksame Selbstkontrolle die «unbekannten» Drogenkonsumenten 
  erreichen. Es brauche daher eine «differenzierte Suchtpolitik», 
  die unterscheide zwischen dem weit gehend folgenlosen Konsum und einer Abhängigkeit, 
  die mit gesundheitlichen und sozialen Problemen verbunden ist. «Die Entwicklung 
  solch einer differenzierten Suchtpolitik wird aber ohne die Aufhebung des Konsumverbots 
  nicht möglich sein», lautet das Fazit der Forscher.
 
 Quelle: 
  Der Landbote (Schweiz), 28. Februar 2001 (http://www.winti-guide.ch)   |