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Leserbrief von Dr. Grotenhermen an den Spiegel (17.08.2002)

DER SPIEGEL 33/2002, 12.08.2002,
Kick aus der Wasserpfeife
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,209176,00.html

LESERBRIEF
zu "Kick aus der Wasserpfeife" vom 12. August 2002

Zu Ihrem Beitrag möchte ich anmerken, dass seine zentrale Aussage "Neuen Forschungen zufolge drohen Gedächtnisausfälle und langfristige Hirnschäden" unzutreffend ist. Es gibt zwar die von Ihnen angeführten Ergebnisse australischer (Nadia Solowij und Kollegen) und amerikanischer Forschungsgruppen (Harrison Pope und Kollegen) und es gab dazu auch eine ausführliche Diskussion beispielsweise in der Zeitschrift der amerikanischen medizinischen Gesellschaft JAMA (Ausgaben vom 6. März und vom 22.-29. Mai 2002). Die Ergebnisse wurden im Spiegel-Beitrag jedoch auf den Kopf gestellt, denn die jüngere Forschung zeigt, dass langfristige Hirnschäden selbst nach mehr als 10-jährigem täglichen Konsum eher unwahrscheinlich sind.

Zusammenfassend zeigen die neuen Studien Folgendes: In komplexen neuropsychologischen Tests zur Untersuchung der Denkfunktionen fanden sich zwischen Personen, die seit durchschnittlich 10,2 Jahren nahezu täglich Cannabis konsumierten, keine Unterschiede zu Nichtkonsumenten. Personen, die durchschnittlich 23,9 Jahre nahezu täglich Cannabis konsumierten, schnitten bei Tests zu Aufmerksamkeit und Gedächtnis jedoch deutlich schlechter ab als die Nichtkonsumenten und die kürzeren Konsumenten. Waren starke und langzeitige Cannabiskonsumenten allerdings 28 Tage abstinent, so fanden sich nach dieser Zeit keine Unterschiede mehr zu Nichtkonsumenten. Unterschiede zwischen Cannabiskonsumenten und Nichtkonsumenten in der kognitiven Leistungsfähigkeit finden sich also erst nach sehr langem und starken Konsum (täglich mehr als 10 Jahre) und auch diese Beeinträchtigungen sind nach vier Wochen nicht mehr nachweisbar. Sie sind also reversibel.
Diese und andere Beiträge zur Diskussion finden sich vollständig online im Archiv der JAMA:
http://jama.ama-assn.org/

In den Original-Publikationen heißt es:

"Es wurde zwischen 1997 und 2000 eine retrospektive kreuzsektionale neuropsychologische Studie bei 102 nahezu täglichen Cannabiskonsumenten (51 langzeitigen Konsumenten: im Mittel 23,9 Jahre Konsum; 51 kurzeitigen Konsumenten: im Mittel 10,2 Jahre Konsum) durchgeführt, die mit 33 nichtkonsumierenden Kontrollen verglichen wurden. (...) Langzeitige Konsumenten schnitten signifikant schlechter als kurzzeitigere Konsumenten und Kontrollen bei Tests zu Aufmerksamkeit und Gedächtnis ab. Es gab keinen Unterschied zwischen kurzzeitigeren Konsumenten und Kontrollen" (N. Solowij am 6. März).

"Eine andere jüngere Studie aus unserem Testlabor fand nahezu keine signifikanten Unterschiede zwischen 108 starken Cannabiskonsumenten und 72 Kontrollen (...) in einer Batterie von 10 neuropsychologischen Tests nach 28 Tagen überwachter Abstinenz von der Droge" (H. Pope am 6. März).

"Wir haben nicht behauptet, dass die kognitiven Beeinträchtigungen, die mit langzeitigem starken Cannabiskonsum assoziiert sind, irreversibel waren. (...) Diese Beeinträchtigungen könnten im Sinne einer graduellen Anpassung des Nervensystems an eine verlängerte Exposition mit exogenen Cannabinoiden interpretiert werden, was möglicherweise in einer veränderten Funktion des endogenen Cannabinoidsystems oder anderer Neuromodulatorsysteme resultiert. Nach längerer Abstinenz können diese Systeme gut wieder zur gesunden Funktion zurückkehren" (N. Solowij am 22. Mai).

Dr. med. Franjo Grotenhermen
Vorsitzender
International Association for Cannabis as Medicine (IACM)