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CannabisLegalNews (Nummer 124, 05.09.2003)

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INHALT

1. Berlin: Grüne fordern Modellversuch, 30g-Grenze
2. Niederlande: Cannabis in Apotheken
3. Hanftag in München
4. Bayerisches Kabinett befasst sich mit Hanftag
5. ARD-"Kontraste" berichtet über das Hanfverbot
6. Alaska: Bis zu 113 Gramm Cannabis legal
7. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik


1. Berlin: Grüne fordern Modellversuch, 30g-Grenze
http://www.cannabislegal.de/cln/cln.htm#1

Die Fraktion der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus hat am Dienstag (02.09.2003) einen Antrag ins Abgeordnetenhaus eingebracht, um einen Modellversuch zur staatlich kontrollierten Abgabe von Cannabis durchzuführen. Ausserdem fordert die Fraktion, die Grenzmenge der "geringen Menge" Cannabis auf 30g anzuheben und Verfahren bei Mengen darunter, sofern sie dem Eigengebrauch ohne Fremdgefährdung dienen, grundsätzlich einzustellen.

Eine staatliche kontrollierte Abgabe geringer Mengen Cannabis an Erwachsene wurde erstmals 1994 als Modellversuch vom Bundesland Schleswig-Holstein vorgeschlagen. Damit sollte erforscht werden, welche Auswirkungen auf das Konsumverhalten sich bei einer Abkehr von der Cannabisprohibition ergibt und welche Entlastung für Polizei und Justiz möglich sind. Grundsätzlich ermöglicht das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) den Umgang mit Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken. Das Bundesverfassungsgericht hatte 1994 festgestellt, dass sich Experten nicht darüber einig sind, ob Strafverfolgung das geeignetste Mittel zur Beschränkung problematischen Drogenkonsums darstellt oder ob eine Märktetrennung durch Duldung von Cannabis eher geeignet ist, Probleme mit anderen Drogen zu minimieren. Der Versuch scheiterte damals an der fehlenden Zustimmung des Bundesinstitus für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Kieler Landesregierung reichte damals keine Klage gegen die Ablehnung ein.

Schneller umsetzbar wäre der zweite Antrag der Grünen, die Angleichung der Berliner Rechtspraxis bei Verfahrenseinstellungen an Schleswig-Holstein, wo seit fast einem Jahrzehnt Verfahren, die den Besitz von bis zu 30g Cannabis zum Eigengebrauch zum Gegenstand heben, im Regelfall straflos eingestellt werden. Derzeit werden in Berlin Verfahren bei bis zu 6g im Regelfall eingestellt. Bei bis zu 15g kann das Verfahren eingestellt werden, muß aber nicht.

Der §31a BtMG erlaubt die Verfahrenseinstellung, wenn nur geringe Schuld vorliegt und kein öffentliches Interesse an einer Verfolgung besteht (wie z.B. bei Fremdgefährdung). Das Bundesverfassungsgericht entschied 1994, dass das BtMG deshalb nicht grundgesetzwidrig sei, weil dieser Paragraph eine Bestrafung ausschliesst wo diese gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot des Grundgesetzes verstossen würde. Es forderte den Gesetzgeber dazu auf, eine bundesweit im wesentlichen einheitliche Rechtspraxis bei dessen Anwendung sicherzustellen. Das ist bis heute nicht geschehen, weil sich vor allem südliche und östliche Bundesländer weigerten, von ihrer repressiven Linie abzuweichen.

Die 30g-Grenze orientiert sich an der Grenzmenge von einer Unze (28,35g) Cannabis, die schon in den 70er Jahren in Oregon, Kalifornien, New York und mehreren anderen US-Bundesstaaten entkriminalisiert wurde. Diese Mengenregelung wurde im Jahre 1976 auch von den Niederlanden übernommen und gilt dort bis heute. Eine Studie in den USA fand, dass die Verbreitung des Cannabiskonsums in jenen Bundesstaaten, die Cannabis entkriminalisiert hatten, nicht schneller anstieg als in solchen, die Gefängnisstrafen beibehielten. Auch in den Niederlanden, wo nicht nur der Besitz sondern auch der Einzelhandel mit Cannabis geduldet wird, ist der Konsum nicht weiter verbreitet als in der Bundesrepublik Deutschland, wie mehrere Studien in den letzten Jahren belegten.

Am stärksten stieg der Cannabiskonsum in den letzten Jahren in den neuen Bundesländern, die bundesweit die niedrigsten Grenzwerte für die "geringe Menge" haben. Zehn Jahre nach der Wiedervereinigung lag der Cannabiskonsum in den neuen Bundesländern schon höher als noch 1997 im Westen.

Neue Wege in der Drogenpolitik I - Modellversuch kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten [02.09.2003]
http://www.cannabislegal.de/dateien/b90g/b90g-be-abgabe.pdf

Neue Wege in der Drogenpolitik II - Cannabisbesitz bis 30g straffrei [02.09.2003]
http://www.cannabislegal.de/dateien/b90g/b90g-be-30g.pdf

Ungleiche Rechtspraxis in den Bundesländern bei geringen Mengen (§ 31a BtMG)
http://www.cannabislegal.de/politik/btmg31a.htm

Die Grünen und Cannabis:
http://www.cannabislegal.de/politik/gruene.htm


2. Niederlande: Cannabis in Apotheken
http://www.cannabislegal.de/cln/cln.htm#2

Seit Montag, 01.09. ist Cannabis in den Niederlanden in über 2000 Apotheken als Arznei verfügbar. Bereits seit März konnte Cannabis ärztlich verschrieben werden (siehe CLN#102, 21.03.2003). Damals veröffentlichte die Regierung ihre Bestimmungen für den staatlich kontrollierten Anbau. Zwei Unternehmen haben im staatlichen Auftrag seither 200 kg produziert.

Zwei Sorten mit unterschiedlichem Wirkstoffgehalt sind erhältlich. Das Cannabis kann als Tee oder mit einem Inhalator konsumiert werden. Noch steht nicht fest, ob der staatliche Gesundheitsdienst die Kosten für die Arznei übernimmt. Der Preis beträgt 40-50 Euro für 5 Gramm.

In den Coffeeshops des Landes kostet Cannabis etwa die Hälfte. Der Cannabisverkauf wird dort zwar toleriert, ist jedoch rein rechtlich illegal und Lieferanten der Coffeeshops müssen mit Strafen rechnen, wenn sie erwischt werden. Im Gegensatz dazu verfügen die Lieferanten der Apotheken über eine staatliche Lizenz und produzieren ausschliesslich für den medizinischen Bedarf.

In Deutschland ist Cannabis nicht auf Rezept erhältlich. Spezielle Sondergenehmigungen wären rechtlich zwar möglich, werden den Patienten jedoch verweigert. Erhältlich ist lediglich ein Präparat mit synthetisch produziertem THC, dem Hauptwirkstoff von Cannabis. Es ist, bezogen auf den Wirkstoffgehalt, etwa 10mal so teuer als Cannabis aus der niederländischen Apotheke und 20mal so teuer als Cannabis aus dem Coffeeshop. Die Kosten werden von den meisten Krankenkassen nicht erstattet.

Cannabis auf Krankenschein [ARD Tagesthemen Videoclip, 02.09.2003]
http://www.tagesthemen.de/sendungen/0,1196,OID2212600_OIT2212608,00.html

Haschisch auf Rezept [ARD Tagesschau Meldung, 02.09.2003]
http://www.tageschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID2201002_TYP6_THE_NAVSPM1_REF1,00.html

Medical marijuana goes on sale in Dutch pharmacies [Independent (UK), 01.09.2003]
http://news.independent.co.uk/europe/story.jsp?story=438992

Hollands Hausärzte verschreiben Cannabis [spiegel.de, 01.09.2003]
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,263867,00.html

Schmerztherapie in den Niederlanden [ZDF Heute Journal, 02.09.2003]
http://www.heute.t-online.de/ZDFheute/mediathek/video_cont/0,1451,2035652,00.html

Niederlande regeln Cannabisanbau für Apotheken [CLN#102, 21.03.2003]
http://www.cannabislegal.de/cln/cln102.htm#2

Cannabis als Medizin
http://www.cannabislegal.de/cannabisinfo/medizin.htm


3. Hanftag in München
http://www.cannabislegal.de/cln/cln.htm#3

Der von der Grünen Jugend (GJ) am Samstag, 30.08.2003 auf dem Marienplatz in München veranstaltete Hanftag führte zu einem beachtlichen Echo. Die "tz" berichtete am Wochenende vorher über die geplante Aktion und zitierte Innenminister Beckstein:

"Es ist zu befürchten, dass die Party vielen Teilnehmern als Vorwand dient, in der Öffentlichkeit Haschisch oder Marihuana zu rauchen." Wer Drogen dabei hat, muss mit einem Strafverfahren rechnen. "In Bayern bleiben wir bei unserer Null-Toleranz-Politik gegen Rauschgiftmissbrauch", betont Beckstein. Er verweist auf "die leidvollen Erfahrungen der Liberalisierungspolitik in anderen Ländern. Wir müssen nicht sehenden Auges deren Fehler wiederholen."
(tz, Seite 5, 23./24.08.2003)

Welche "leidvollen Erfahrungen" er damit meinte, erklärte der Politiker leider nicht. Auch die bayerische NPD kritisierte den Hanftag und forderte sein Verbot. Der Landespressesprecher der rechtsextremen Partei in einer an uns versandten Pressemitteilung (Grammatikfehler wie im Original ):

Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) fordert, daß in Bayern der Besitz kleiner Mengen von Cannabis (Hanf) mit Freiheitsstrafen bedroht wird. Ein schärferes durchgreifen der bayerischen Polizei gegenüber Drogenhändler und Rauschgiftbesitzer muß sofort ausgeführt werden. Zusätzlich fordert die NPD eine verstärkte Ausbildung der bayerischen Polizei, damit diese in die Lage versetzt wird, den Schutz der Bevölkerung vor ungesetzlichen Drogenhandel zu gewährleisten.
(Günter Kursawe, NPD-Landespressesprecher Bayern, 28.08.2003)

Trotz der Drohungen des Innenministers nahmen laut einem Bericht auf Indymedia ca. 400 Personen an der Kundgebung teil, laut Veranstalter sogar ca. 1500. Zu den Rednern gehörte Bundestagsabgeordneter Hans-Christian Ströbele und Ludwig Hartmann, der GJ-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Oberbayern.

Der lokale Fersehsender tv münchen brachte am Montag einen sehr positiven Bericht über die Veranstaltung. Das ZDF wollte in der "Drehscheibe Deutschland" noch einen Bericht bringen, dessen Sendetermin uns aber leider nicht vorliegt.

Gerlinde Kaupa (CSU), die drogenpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, gab eine Pressemitteilung zur Hanfparade und zum Hanftag heraus, in der sie den Grünen vorwarf, ein "gefährliches Produkt" zu verharmlosen und dafür zu werben:

Die Erfahrungen mit den so genannten legalen Drogen Tabak und Alkohol zeigen, dass eine Freigabe zu einem steigenden Konsum führen kann. Der Konsum müsste nicht mehr verheimlicht werden, es müssten keine Anstrengungen mehr unternommen werden, die Cannabisprodukte zu besorgen. Überall und jederzeit könnten die Drogen geraucht werden.

Dass der Konsum derzeit vielfach verheimlicht wird, ist gerade einer der problematischen Aspekte beim Konsum illegaler Drogen, denn so werden Probleme mit dem Konsum erst sichtbar, wenn sie schon überhand genommen haben, statt dass bereits im Vorfeld Hilfe möglich ist. Frau Kaupa, Probleme löst man nicht, indem man sie unter den Teppich kehrt!

Was die "Freigabe" von Alkohol und Tabak angeht, bei Tabak liegt diese in Deutschland bereits über 150 Jahre zurück, denn öffentliches Rauchen war in vielen deutschen Fürstentümern vor 1848 strafbar. Eine "Freigabe" von Alkohol hat in Deutschland nie stattgefunden, weil er hierzulande noch nie illegal war. Das einzige westliche Land, das Erfahrungen mit einer Alkohol-Legalisierung hat, sind die USA, die 1933 die Alkoholprohibition wieder aufhoben. Die Erfahrungen mit dem Verbot dieser Volksdroge waren so verheerend, dass kein anderes westliches Land seither versucht hat, ein Alkoholverbot einzuführen. Auch in den USA selbst will niemand die Legalisierung von Alkohol vor 70 Jahren wieder rückgängig machen. Warum wohl nicht?

Frau Kaupa verspricht sich von der bayerischen Linie in der Drogenpolitik eine präventive Wirkung zum Schutze der Jugend. Doch die praktischen Erfahrungen sprechen eine ganz andere Sprache, wie die Süddeutsche Zeitung am 21.09.2002 unter Berufung auf eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN) unter dem Titel "Immer mehr Jugendliche greifen zum Joint" berichtete:

In München greifen mehr Jugendliche regelmäßig zu Bierkrug und Schnapsflasche als in norddeutschen Städten: 10,4 Prozent der Neuntklässler im Alter zwischen 14 und 16 Jahren bekannten sich dazu, wöchentlich bis täglich Promillehaltiges zu trinken. Damit liegt ihr Anteil nach Angaben des Schulreferats gut doppelt so hoch wie in Hamburg, Hannover oder Leipzig. Doch nicht nur der Hang zum Alkoholkonsum ist in der Wiesn-Stadt stärker ausgeprägt, sondern auch der Griff zu einer anderen Droge: Mehr Neuntklässler als in anderen Städten ziehen sich mindestens einmal im Monat einen Joint rein oder inhalieren den Rauch aus dem Haschisch-Pfeifchen. Der Anteil Münchner Jugendlicher, die Cannabisprodukte konsumieren, hat sich in zwei Jahren mehr als verdoppelt und liegt nun bei 14,8 Prozent.
(Süddeutsche Zeitung, 21.09.2003)

Hanftag der Grünen Jugend in München mit 1500 Besuchern ein voller Erfolg [PM Grüne Jugend, 30.08.2003]
http://www.bgj.de/presse/hanftag.htm

"Hanf-Party" der Grünen kein Freibrief für Drogenmissbrauch [PM Bayerisches Innenministerium, 22.08.2003]
http://www.stmi.bayern.de/PM/2003/419.htm

"Grüne verabschieden sich von präventiver Drogenpolitik" [PM Gerlinde Kaupa, CSU, 25.08.2003]
http://www.cducsu.de/TextVersion/presse/pressemitteilungen_detail.jsp?ID=6838

Bericht und Meinungen auf Indymedia zum Hanftag der Grünen:
http://de.indymedia.org/2003/08/60573.shtml

Hanftag in München:
http://www.cannabislegal.de/aktionen/kalender.htm#hanftag

Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN)
http://www.cannabislegal.de/studien/kfn.htm


4. Bayerisches Kabinett befasst sich mit Hanftag
http://www.cannabislegal.de/cln/cln.htm#4

Der Hanftag der Grünen Jugend München sowie die Hanfparade in Berlin schlagen weiter politische Wellen in Bayern. Nach mehreren Zeitungsartikeln, einer Pressemitteilung der NPD und einer Stellungnahme des Innenministers wurde jetzt das Thema Drogenpolitik auch als eines von drei Punkten in einer Sitzung des bayerischen Kabinetts besprochen. Neben Hanf ging es dort auch um Konsumräume für Heroin und die Diamorphin-Arzneimittelstudie (Originalstoffvergabe), die von der bayerischen Landesregierung scharf abgelehnt werden. Zum Thema Cannabis heisst es in der Mitteilung der bayerischen Staatsregierung:

Scharf kritisierte der Minister in diesem Zusammenhang die Hanf-Tage der Grünen vom vergangenen Wochenende. Mit Veranstaltungen wie der Hanf-Parade würden die Grünen die schädlichen Auswirkungen von Haschisch und Marihuana auf Körper und Psyche verharmlosen. Das sei in erschreckendem Maße verantwortungslos. Sinner: "Die grünen Altachtundsechziger geben unserer Jugend das völlig falsche Signal. Sie selbst und ihre Politik sind von vorgestern. Politiker, die Haschisch und Marihuana verharmlosen, riskieren, dass Jugendliche in den Drogensumpf und in die Fänge der Mafia geraten." Die von Grünen-Politikern immer wieder forcierte Diskussion um die Freigabe von Cannabis erwecke vor allem bei jungen Menschen den Eindruck, dass Drogen ungefährlich seien. Das sei das völlig falsche Signal.

Beim Versuch, den politischen Gegner für die stetige Zunahme des Cannabiskonsums verantwortlich zu machen, ignoriert der bayerische Gesundheitsminister, dass auch im strengen Schweden der Cannabiskonsum in den letzten 10 Jahren stark zugenommen hat, obwohl es dort noch keine wirkliche öffentliche Diskussion über eine Legalisierung gibt. Denn nicht die Legalisierungsdiskussion führt zur Konsumzunahme, sondern die Zunahme des Konsums und der Strafverfolgung - wie in Deutschland seit nunmehr 30 Jahren - führen letztendlich zur Legalisierungsdiskussion, indem sie die Wirkungslosigkeit und Schädlichkeit des Verbots vor Augen führen. Mit Abstand die häufigste negative Konsequenz des Konsums ist die Strafverfolgung, ein durch und durch hausgemachtes Problem.

Dass sich allmählich herumspricht, dass Cannabis gesundheitlich weniger riskant ist als Heroin und Kokain oder auch die legalen Volksdrogen Alkohol und Nikotin, wie sogar Experten der Weltgesundheitsorganisation in einem Bericht bestätigten, kann kein Politiker verhindern, in keinem Land und keiner Partei. Eine Studie für Sinners Parteikollegen, den damaligen Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer, fand im Jahre 1997: "Zusammenfassend ist festzuhalten daß die pharmakologischen Wirkungen und psychosozialen Konsequenzen des Cannabiskonsums sich als weniger dramatisch und gefährlich erweisen, als dies überwiegend noch angenommen wird." ("Auswirkungen des Cannabiskonsums"). Der Vorwurf der Vorgestrigkeit fällt auf jene Politiker zurück, die ihn gegen Reformer erheben.

Dass ausgerechnet Münchner Schüler im bundesweiten Vergleich die höchste Cannabis- und Alkoholkonsumrate haben, wie eine Studie voriges Jahr zeigte, spricht nicht gerade für die repressive bayerische Drogenpolitik. Die dem Drogenverbot zugeschriebene konsumminimierende Wirkung wird von zahlreichen Experten in Frage gestellt. Verbote führen zu Schwarzmärkten und behindern dabei die Entwicklung von sozialen Mechanismen zur Kontrolle des Konsums. Sie stigmatisieren die Konsumenten und bilden eine Schwelle zum Zugang zu formellen und informellen Hilfsangeboten, wenn es Probleme gibt.

Laut der Staatsregierung in München plane die Bundesregierung die Legalisierung von Cannabis:

Bayern macht Front gegen die rot-grünen Pläne zur weitgehenden Liberalisierung der Drogenpolitik. Gesundheitsminister Eberhard Sinner kündigte an, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um die von der Bundesregierung geplante Legalisierung von Cannabis , die Einrichtung von Fixerstuben und die staatliche Heroinabgabe zu verhindern. Sinner: "Fixerstuben sind ein ideologischer Irrweg grüner Alt-Achtundsechziger. In Bayern werden wir keinen Euro für Maßnahmen ausgeben, die die Sucht verfestigen und die Drogenabhängigen immer tiefer ins Elend treiben . Das Leid der Drogensüchtigen wird durch Fixerstuben nicht beseitigt, sondern weiter verstärkt. Wir sagen ganz klar Nein gegen öffentliche Drogenkonsumräume, die zu nichts anderem führen, als zu einer staatlich geduldeten Drogenszene. Gegen Drogenkonsum hilft kein grüner Softkurs, sondern nur umfassende Prävention, konsequente Strafverfolgung und professionelle Therapie."

Öffentlicher Drogenkonsum - nirgendwo wird man ihn anschaulicher beobachten können als vom 20. September bis zum 5. Oktober auf der Theresienwiese in München, wenn es wieder einmal heisst: "O'zapft is!" und die CSU-Prominenz wird natürlich mit dabeisein. Viele Bundestagsabgeordnete werden sogar extra aus Berlin anreisen, um die landesüblichen zeltförmigen Konsumräume aufzusuchen. Ihr Spaß sei ihnen natürlich gegönnt, wie allen anderen Besuchern des Oktoberfests. Doch wenn Politiker über Drogen sprechen, sollten sie bei ihren Aussagen immer auch die Droge Alkohol berücksichtigen, an deren Missbrauch pro Jahr 40.000 Menschen sterben, etwa 30mal mehr als an allen illegalen Drogen zusammengenommen, sonst verspielen sie ihre Glaubwürdigkeit. Man kann nicht Aussagen über Drogen machen und dabei Nikotin und Alkohol - die zwei am häufigsten missbrauchten Drogen - ausklammern.

Der Großteil der Probleme mit sog. "harten" illegalen Drogen ist keine Folge der Substanzeigenschaften an sich, sondern prohibitionsbedingt. Das Elend von Heroinabhängigen beruht darauf, dass ihre Sucht, anders als bei legalen Drogen wie Alkohol oder Nikotin, aufgrund von überhöhten Schwarzmarktpreisen nur schwer finanzierbar ist, sie deshalb die effektivste aber auch riskanteste Konsumform wählen (spritzen), sie ständig polizeilicher Verfolgung ausgesetzt sind und die Schwarzmarktware keinerlei Qualitätsnormen genügt - anders als bei jener flüssigen Droge, für die seit 1516 das bayerische Reinheitsgebot gilt. Die Originalstoffabgabe, die die Landesregierung verurteilt, würde gerade hier Abhilfe schaffen. Diamorphin vom Arzt kostet pro Tag gerade einmal soviel wie zwei Schachteln Zigaretten und vermeidet die meisten gesundheitlichen und anderen Probleme der Abhängigen.

Die Landesregierung weiter:

Um Drogenabhängige gesundheitlich zu stabilisieren und eine allmähliche Abstinenz von Drogen zu erreichen, werden sie bei sogenannten substitutionsgestützten Therapien beispielsweise mit Methadon behandelt. Der Bund will dagegen Heroin an Suchtkranke abgeben. Das ist nach Aussagen Sinners aus suchtpräventiver Sicht falsch, weil die Suchtkranken damit nicht von der Droge wegkommen.

Diese Argumentation entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Diamorphin (Heroin) und Methadon wirken auf die selben Rezeptoren im Gehirn. Pharmakologisch sind sie also gleichwertig. Sowohl bei Substitutionstherapie als auch bei Originalstoffvergabe wird der körperliche Entzug von der Droge nicht zur Voraussetzung gemacht, sondern es werden zuerst die Lebensumstände und die Gesundheit des Patienten stabilisiert. Sie dienen der Überlebenshilfe. Gerade deshalb sind diese Therapieformen im Vergleich zur Abstinenztherapie relativ erfolgreich. Bei der Abstinenztherapie ist die Abbruchrate sehr hoch und Rückfälle enden oft tödlich - wenn es überhaupt gelingt, einen schwer Abhängigen zu dieser Therapieform zu motivieren. Ein toter Abhängiger hat keine Aussicht auf ein drogenfreies Leben mehr. Minister Sinner scheint sich auch nicht bewußt zu sein, dass der körperliche Entzug bei Methadon sogar schwieriger als bei der von ihm kritisierten Originalstoffverschreibung.

Wenn Vertreter der CSU die kommenden "Biertage" auf der Theresienwiese meiden würden, könnte man ihnen zumindest Konsequenz bei ihren Anti-Drogen-Tiraden anläßlich des Hanftags der Grünen bescheinigen (bei dem es nicht einmal um Konsum sondern nur um die künftige Politik ging). So aber muss sich die CSU den Vorworf der Doppelmoral bei ihrer Politik zu verschiedenen Drogen gefallen lassen. Damit Drogenpolitik wirksam ist, muß sie auf Einsicht setzen und dazu muß sie zuerst einmal glaubwürdig sein.

Bericht von der Kabinettssitzung [02.09.2003]
http://www.cannabislegal.de/politik/csu-030902.htm

Pressemitteilung des bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit [30.08.2003]
http://www.cannabislegal.de/politik/by-030830.htm

Positionspapier der Grünen Jugend zur Drogenpolitik:
http://www.bgj.de/downloads/papier-drogenpolitik.htm

Fotos vom Hanftag der Grünen Jugend:
http://web36.p15111570.pureserver.info/index.php?id=139

Grüne Jugend München - Homepage:
http://www.gjm.de

Homepage der Heroin-Studie:
http://www.heroinstudie.de

Oktoberfest - Homepage:
http://www.oktoberfest.de

CSU und Cannabis:
http://www.cannabislegal.de/politik/cducsu.htm#csu


5. ARD-"Kontraste" berichtet über das Hanfverbot
http://www.cannabislegal.de/cln/cln.htm#5

Das ARD-Magazin "Kontraste" befasste sich in seiner Sendung am 04.09. um 21:45 in einem sehr sehenswerten Beitrag von etwa 10 Minuten mit dem Cannabisverbot und seinen Auswirkungen. Unter anderem mit dabei waren:

- Amtsrichter Andreas Müller
Bernau, Verfasser der Richtervorlage für das Bundesverfassungsgericht

- Prof. Dr. Dieter Kleiber
Autor der Studie "Auswirkungen des Cannabiskonsums" für das Bundesgesundheitsministerium

- Konrad Freiberg
Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei

- Rüdiger Bagger
Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Hamburg

- Otto Schily
Justizminister

Kontraste: Das Cannabisverbot und seine Folgen [Video-Archiv von Rumpelstilzchen.com]
http://www.rumpelstilzchen.com/tv/index-streaming-dope.html

Manuskript: Mit Kanonen auf Spatzen - Jugendliche Kiffer vor Gericht [kontraste.de, 04.09.2003]
http://www.kontraste.de/0309/manuskripte/txt_hanf.html


6. Alaska: Bis zu 113 Gramm Cannabis legal
http://www.cannabislegal.de/cln/cln.htm#6

Ein Berufungsgericht in Alaska hat entschieden, dass der Besitz von weniger als 4 Unzen (ca. 113g) Cannabis in der eigenen Wohnung für Erwachsene straffrei ist. Damit hat Alaska erneut das liberalste Cannabisgesetz in den USA.

Bereits im Jahre 1976 hatte der Oberste Gerichtshof von Alaska in der sogenannten Ravin-Entscheidung festgestellt, dass das in der Verfassung von Alaska garantierte Recht auf Privatsphäre schwerer wiegt als das Interesse des Staates an der Durchsetzung des Verbotes, solange es um Besitz zum privaten Konsum geht. Die Richter zogen damals die Grenze bei vier Unzen.

Vierzehn Jahre später, im Jahre 1990, übte die Regierung in Washington massiven Einfluss bei einer Volksabstimmung aus, die den Besitz wieder kriminalisieren sollte. Die Verbotsbefürworter setzten sich knapp durch. Ob diese Gesetzesänderung jedoch mit der Verfassungsgerichtsentscheidung vereinbar war, konnte jahrelang nicht festgestellt werden. Lieber stimmten die Staatsanwälte einer Verfahrenseinstellung zu, als dass sie einen passenden Fall vor den Obersten Gerichtshof liessen.

Erst nach dreizehn Jahren landete nun ein Fall vor dem Berufungsgericht und prompt bestätigten die Richter, was das Gericht über ihnen bereits vor 27 Jahren entschieden hatte: Das Verbot des Besitzes geringer Mengen ist verfassungswidrig. Nur der Oberste Gerichtshof von Alaska selbst könnte diese Entscheidung des Berufungsgerichts noch aufheben, müsste sich dabei jedoch selbst widersprechen.

Marijuana Ruling Smokes Foes [Fairbanks Daily News-Miner (US), 30.08.2003]
http://www.mapinc.org/drugnews/v03/n1307/a08.html

2003 WL 22026345 - Noy v. Alaska [Adobe PDF, Court of Appeals of Alaska, 29.08.2003]
http://www.mpp.org/pdf/AK_decision_082903.pdf

Cannabis in den USA:
http://www.cannabislegal.de/international/us.htm


7. Termine zu Cannabis und Drogenpolitik:

12.09.2003-14.09.2003 Castrop-Rauxel: 8. internationale CannaBusiness
12.09.2003-13.09.2003 Köln: 2nd Conference on Cannabinoids in Medicine
13.09.2003 Rostock: Hanffest von ['solid]
27.09.2003 Köln: Hanf-Demonstration
01./08.06.2004 Weltweit: MMM 2004
26.06.2004 Weltweit: Anti-Drogen-Tag der UN

Unsere Ankündigungen sowie Links finden Sie bei unseren Terminen:
http://www.cannabislegal.de/aktionen/kalender.htm

Wissen Sie von Veranstaltungen? Schreiben Sie uns!
http://www.cannabislegal.de/kontakt.htm


Mit freundlichen Grüßen

Joe Wein

http://www.cannabislegal.de


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